: Santiago Díaz
: Talión - Die Gerechte Thriller
: Heyne Verlag
: 9783641261573
: 1
: CHF 2.70
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 544
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Über Schuld und Strafe, Gerechtigkeit und Moral – der Sensationsthriller aus Spanien!

Marta Aguilera ist die beste Journalistin Madrids. Vom Idealismus getrieben versucht sie, die Welt mit ihren Enthüllungen besser zu machen. Doch dann bricht ihre eigene Welt zusammen: Diagnose Hirntumor. Sie hat nur noch wenige Wochen zu leben. Nach dem ersten Schock wird Marta plötzlich klar, was das bedeutet. Sie hat nichts zu verlieren, keine Konsequenzen zu befürchten. Und sie beschließt, ihre letzten Tage dem Kampf gegen das Böse zu widmen und die Gerechtigkeit selbst in die Hand zu nehmen. Doch schon bald wird Inspectora Daniela Gutiérrez auf die mysteriöse Rächerin aufmerksam. Und für Marta beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, gegen die Polizei – und gegen ihren eigenen Tod.

Santiago Díaz Cortés wurde 1971 in Madrid geboren. Nachdem er fünf Jahre lang bei dem Fernsehsender Antena 3 als Content Manager gearbeitet hatte, widmete er sich ganz dem Drehbuchschreiben. Im Laufe seiner Karriere hat er für verschiedene erfolgreiche Produktionsfirmen gearbeitet und zahlreiche preisgekrönte Serien entwickelt. »Talión – Die Gerechte« ist sein erster Roman.

DIESISTDERDRITTETAGINFOLGE, an dem mir morgens beim Aufstehen übel und schwindelig ist. Bis jetzt war ich der Meinung, dass lediglich mein Immunsystem ein wenig schwächelt, doch so allmählich frage ich mich, ob sich das Schicksal mit mir einen seiner berüchtigten makabren Scherze erlaubt. Hoffentlich bin ich nicht schwanger, nachdem ich gerade beschlossen habe, nach einer fünfmonatigen Beziehung, die beinahe ausschließlich auf Sex basiert, mit Jaime Schluss zu machen.

Ich ziehe meine Jeans und das erstbeste Paar Schuhe an, setze die Sonnenbrille mit den größten Gläsern auf, die ich finden kann, und gehe runter in die Apotheke, um einen Schwangerschaftstest zu kaufen.

»Mal sehen.« Wieder zurück in der Wohnung lese ich laut den winzigen Beipackzettel. »Nehmen Sie den Teststreifen aus der Verpackung. Halten Sie den Teststreifen zehn Sekunden lang mit dem Pfeil nach unten in den Urin. Legen Sie den Teststreifen dann auf eine saubere, nicht saugfähige Unterlage.«

Ich folge den Anweisungen und harre die fünf Minuten, die man warten muss, aus, ohne den Blick von dem verdammten Teststreifen zu lösen, der mir sagen soll, ob sich von diesem Moment an mein Leben radikal ändern wird oder nicht. Ich habe noch nie so etwas wie einen mütterlichen Instinkt gehabt und bin davon überzeugt, dass jemand wie ich, sosehr er sich auch anstrengt, niemals eine gute Mutter sein kann.

Während meines letzten Jahrs an der Fakultät für Journalismus habe ich die Vorlesung eines berühmten Kriminologen besucht, wobei mir bewusst geworden ist, dass ich zu den zwei Prozent der Weltbevölkerung gehöre, die nicht in der Lage sind, Empathie für ihre Mitmenschen zu empfinden. Ich kann einem anderen Menschen gegenüber lediglich Sympathie, Zuneigung oder Lust verspüren, was für ein Kind jedoch bei Weitem nicht ausreicht.

Als auf dem Kontrollbereich des Teststreifens schließlich nur ein einzelner farbiger Strich sichtbar wird, überkommt mich eine Mischung aus Erleichterung und Traurigkeit. Wahrscheinlich weil ich im Grunde meines Herzens gern ausprobieren möchte, ob ich nicht doch in der Lage bin, tiefere Gefühle zu empfinden, und nur einfach noch nicht dem richtigen Menschen begegnet bin.

Als ich aus der Dusche komme, klingelt das Telefon. Es ist Serafín Rubio, der Chefredakteur der Zeitung, bei der ich schon seit sieben Jahren für die Rubrik »Aktuelles« arbeite.

»Wo steckst du, meine Liebe?«, fragt er verärgert. »Es ist äußerst gewagt, noch im Bett zu liegen, während ich schon seit einer halben Stunde im Büro bin.«

»Ich liege nicht im Bett, Serafín«, sage ich geduldig.

»Na ja, du klingst noch ziemlich verschlafen.