Ein Job, den keiner sieht
Kinder, Küche, Katastrophe – meine Geschichte
Es hat gedauert, bis ich erkannte, was mit mir los war und warum Mental Load mein Problem genau beschrieb. Lange hatte die Last nämlich keinen Namen. Ich spürte nur, dass da etwas Schweres auf meinen Schultern lag, das an mir zehrte. Vor neun Jahren kam unser Sohn auf die Welt. An die Dauermüdigkeit gewöhnte ich mich irgendwann, aber sie ging nahtlos über in eine andere Art der Erschöpfung. Am Anfang war ich müde, weil ich meinen Sohn nachts stillte. Zwei Jahre später kam unsere Tochter auf die Welt, und die Nächte wurden weiterhin von Mahlzeiten oder verloren gegangenen Schnullern unterbrochen. Die Mattheit kam aber schon bald nicht mehr nur durch den fehlenden Schlaf, sondern vor allem von meinem vollgestopften Kopf. Dabei tat ich in meiner Wahrnehmung nichts Anspruchsvolles: Mich um die Kinder kümmern, Brei kochen, aufräumen und Wäsche waschen waren schließlich banale Alltagstätigkeiten.
Ich brütete nicht über komplexen Gedanken, dafür hatte ich immerzu Dinge im Sinn, die ich erledigen musste. So fand mein Kopf nie Ruhe. Während ich mich um die Beikost-Einführung meiner Tochter kümmerte, musste ich für meinen Sohn an Wechselkleider für den Kindergarten denken, eine neue, wasserfeste Wintermontur besorgen oder den Adventskalender füllen. Außerdem stand mein Wiedereinstieg in den Job bevor und die Eingewöhnung der Kleinen in die Kita, beides zwei aufwendige Großprojekte, die mich mental begleiteten. Dann stand ein Winterurlaub an, und allein bei dem Gedanken an die Packliste mit all den Sachen, die wir für zwei Kinder brauchen würden, wurde ich nervös. Für mich war klar, dass ich diese Aufgaben übernehmen musste, und ich kam nicht einmal auf die Idee, meinem Mann einen Teil zu übergeben. Ich war schließlich zu Hause und hatte, so meinte ich, genug Kapazitäten, denn »ich arbeitete ja nicht«. In meinem Kopf betreute ich also stets drei bis vier Großbaustellen, managte den Alltag und hatte mich außerdem tief in jedes erdenkliche Kinderthema eingelesen. Ich wusste Bescheid über das Stillen und Füttern, kannte die Anzeichen gängiger Kinderkrankheiten und behielt den Überblick über bevorstehende Entwicklungsschritte. Ich hatte bis vor kurzem von Babys und kleinen Kindern keine Ahnung gehabt und füllte die Wissenslücke durch ausgiebige Recherche. Muttersein war auf diese Weise zu einem Fulltime-Job geworden, bei dem nie Feierabend war, und ich war zur erstklassigen Streberin mutiert. Anton, der abends in seinem Büro den Computer ausmachte und zumindest bis zum nächsten Morgen seine Büro-Projekte vergessen konnte, hatte Pausen von der Arbeit. Meine Arbeitsstelle war dagegen immer präsent, und ich hielt es für verschwendete Zeit, abends einfach nur fernzusehen. Stattdessen recherchierte ich Fingerfood-Rezepte für das Baby. Ich bemerkte nicht, dass ich mir selbst keine Pause gönnte und mir sogar immer neue Projekte auflud, um meine Rolle als Supermutter auszufüllen. Ahnst du, in welchen Schlamassel ich mich gebracht hatte?
Fehlende Anerkennung
Es war frustrierend, dass niemand sah, was ich tat. Vermutlich war das auch ein Grund dafür, dass ich Baby-Mützen strickte und den Brei selbst zubereitete, denn hier war ich zumindest kreativ und konnte das Ergebnis präsentieren. Dass ich dadurch noch mehr zu tun hatte, übersah ich. Ein typischer Fall von Kreativ-Overload, meine ich heute. Damals wollte ich einfach nur alles richtig machen. Aber warum nur, fragte ich mich, war ich so schlecht gelaunt, gestresst und lustlos? Es lag wohl daran, dass die Arbeit im Haushalt und die Betreuung der beiden kleinen Kinder ermüdend war, und ich sehnte mich nach meinem Job und ein paar Stunden am Tag, in denen ich michnicht mit Kinderthemen beschäftigen musste. Zugeg