Dilan - Ein Wimpernschlag für die Ewigkeit Eine lesbische Muslime kämpft gegen den IS
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Jan Ilhan Kizilhan
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Dilan - Ein Wimpernschlag für die Ewigkeit Eine lesbische Muslime kämpft gegen den IS
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novum pro Verlag
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9783990648179
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1
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CHF 12.60
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Erzählende Literatur
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German
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252
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kein Kopierschutz
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PC/MAC/eReader/Tablet
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ePUB
Dilan ist Kurdin. Sie wächst in der Türkei auf, wo die Unterdrückung gegen ihr Volk und der Krieg der IS herrschen. Ihr großer Bruder zieht für die PKK in den Krieg und kämpft gegen die Islamisten - dadurch und durch viele Geschichten ihres Vaters und der Älteren im Dorf erfährt sie viel über die Unterdrückung der Bevölkerung, Vertreibung, Verwüstung, Folter und Krieg. Als Dilan realisiert, dass sie Frauen liebt, wachsen Wut und Widerstand in ihr, da ihre Gemeinschaft verbietet, gleichgeschlechtliche Menschen zu lieben. Dilan entscheidet sich, sich als kurdische Freiheitskämpferin der Fraueneinheit LGBTIQ anzuschließen und gegen den Daesh in den Heiligen Krieg zu ziehen und für die Freiheit und die Rechte ihrer Gemeinschaft zu kämpfen. Doch der Heilige Krieg und die Daesh-Kämpfer sind erbarmungslos ...
Der Student, der dem IS
entfliehen konnte
Die Nacht verging schnell und am nächsten Tag musste ich um 09.00 Uhr an der Universität meine Studierenden unterrichten. Ich war noch gefesselt von der möglichen Geschichte Dilans. Was könnte ich durch die Erlebnisse lernen, was hat sie erlebt und wie geht sie mit diesen Erinnerungen um?
Aber jetzt stand ich vor 28 Studierenden, die ebenfalls persönlich betroffen waren von dem Krieg gegen den Daesh. Jeder von ihnen war direkt oder indirekt davon betroffen. Die jesidischen und christlichen Studierenden waren unmittelbar selbst betroffen oder hatten Verwandte, die in Gefangenschaft waren, fliehen mussten oder ermordet worden waren. Die Männer von einigen Studentinnen kämpften als kurdische Soldaten, als Peshmerga an der Front gegen den Daesh und hatten ständig Angst, dass ihre Liebsten nicht mehr heimkommen würden. Andere arbeiteten bereits als Psychologen in den Flüchtlingscamps oder Krankenhäusern und waren ständig in Kontakt mit den Überlebenden und hörten tagtäglich unerträgliche Geschichten von Terror und Grausamkeit.
Shero hatte gerade noch die Flucht vor dem Daesh geschafft als sie im August 2014 in die Stadt Shingal einmarschierten. Er war gerade mit seinem Psychologiestudium in Mosul fertig geworden und wollte Schulpsychologe werden. Er hatte sein Leben noch vor sich.
„Was ist ein Trauma und wie kann es ausgelöst werden?“, fragte ich die Studierenden. Es meldeten sich einige Studierende, einige sagten fast im Chor „Krieg löst es aus“.
„Tatsächlich?“, fragte ich und fügte hinzu, „also jeder, der Krieg erlebt, ist traumatisiert?“
Samir, einer der sich immer meldete, sprach, ohne aufgefordert zu werden: „Nein, das nicht, aber es kann dazu führen, dass einige traumatisiert werden.“ Ich wollte auf die Statistiken eingehen und ausführen, dass ca. 50 Prozent aus den Kriegsgebieten nicht traumatisiert werden, aber die andere Hälfte schon. Dies hängt sehr häufig von den persönlichen Einstellungen, der Schwere des Traumaereignisses, dem Umgang mit diesem Ereignis und der sozialen Unterstützung zusammen. Da sah ich aber, dass Shero sich meldete und unterbrach mich selbst, weil mich interessierte, was er ganz persönlich zu dem Thema beizutragen hatte. Ich wollte von den Studierenden wissen, wie sie unmittelbar vom Krieg betroffen sind und wie sie damit umgingen. „Ich habe den Daesh-Kämpfern in die Augen gesehen. Sie waren voller Hass. Kaum hatten sie meine Familie und mich gesehen, da zeigte einer von ihnen auf meine 14-jährige Schwester und sagte: Die gehört mir, nachher lege ich sie flach.“ Voller Scham blickte Shero nach unten, legte eine Pause ein und schaute mich fragend in die Augen. Ich signalisierte ihm, dass er weiterreden sollte. Die Studierenden waren plötzlich still, nichts war mehr von ihnen zu hören. Die einen schauten aus dem Fenster nach draußen, die anderen saßen mit gesenkten Köpfen da, sie wollten niemandem in die Augen schauen. Ich sah ihre Trauer und ihre Traumata von Hilflosigkeit, Scham und Furcht.
„Wir mussten wieder in unsere Wohnung und unsere Namen wurden aufge