KAPITEL 1
Was es bedeutet, da zu sein
Eine Botschaft, die wir immer wieder vermitteln, wenn wir über Kindererziehung schreiben, lautet: Sie müssen nicht perfekt sein. Niemand ist das. So etwas wie eine fehlerlose Erziehung gibt es nicht. (Jetzt dürfen Sie erst einmal erleichtert aufatmen.) Erheben Sie also ein warmes, im Minivan liegen gelassenes Trinkpäckchen auf uns unvollkommene Eltern.
Irgendwie wissen wir das alle, aber viele von uns – insbesondere engagierte Eltern, die sich viele Gedanken machen und bewusst und gezielt erziehen – fallen immer wieder Gefühlen von Angst oder Unzulänglichkeit zum Opfer. Natürlich machen wir uns Sorgen um unsere Kinder und ihre Sicherheit, aber wir machen uns auch Sorgen, dass wir mit unserer Art, sie zu erziehen, nicht »gut genug« sind. Wir machen uns Sorgen, dass unsere Kinder nicht zu verantwortungsbewussten oder belastbaren oder beziehungsfähigen oder … (ergänzen Sie hier das Entsprechende) Menschen heranwachsen werden. Wir machen uns Sorgen wegen der Male, die wir sie enttäuschen oder ihnen wehtun. Wir machen uns Sorgen, dass wir ihnen nicht genug Aufmerksamkeit schenken oder dass wir ihnenzu viel Aufmerksamkeit schenken. Wir machen uns sogar Sorgen, dass wir uns zu viele Sorgen machen!
Wir haben dieses Buch für all die unvollkommenen Eltern geschrieben, die sich mit Hingabe um ihre Kinder kümmern (sowie für unvollkommene Großeltern, Lehrkräfte, Fachleute und alle anderen, die sich um ein Kind kümmern). Und wir haben eine zentrale Botschaft voller Trost und Hoffnung: Wenn Sie sich nicht sicher sind, wie Sie in einer bestimmten Situation mit Ihrem Kind umgehen sollen, besteht kein Grund zur Sorge. Es gibt eine Sache, die Sie immer tun können, und es ist die beste Sache überhaupt. Anstatt sich Sorgen zu machen oder zu versuchen, eine Perfektion zu erreichen, die schlichtweg nicht existiert, seien Sie einfachda.
Für seine Kinder da zu sein bedeutet das, wonach es sich anhört. Es bedeutet,körperlich präsent zu sein und eineQualität der Präsenz zu bieten. Bieten Sie diese, wenn Sie die Bedürfnisse Ihrer Kinder erfüllen, wenn Sie ihnen Ihre Liebe zeigen, wenn Sie sie maßregeln, wenn Sie mit ihnen lachen und sogar, wenn Sie mit ihnen streiten. Sie müssen nicht perfekt sein. Sie müssen nicht alle Erziehungs-Bestseller lesen oder Ihre Kinder für die richtigen unterrichtsergänzenden Aktivitäten anmelden. Sie müssen keinen engagierten Miterziehenden haben. Sie müssen nicht einmal genau wissen, was Sie tun. Seien Sie einfach da.
Da zu sein heißt, dass Sie Ihr ganzes Sein – Ihre Aufmerksamkeit und Ihr Bewusstsein – einbringen, wenn Sie mit Ihrem Kind zusammen sind. Sie sind in dem Moment mental und emotional für Ihr Kind präsent. In vielerlei Hinsicht gibt es keine andere Zeit als das Jetzt – diesen gegenwärtigen Augenblick. Und es liegt in Ihrer Verantwortung zu lernen, wie Sie auf eine Art und Weise präsent sein können, die Sie als Elternteil deutlich stärkt und die Resilienz (das heißt: die psychische Widerstandskraft und Belastbarkeit) und Robustheit Ihres Kindes fördert. Es ist diese Macht der Präsenz, die es uns ermöglicht, bei unseren Kindern einen starken Geist zu erzeugen – auch wenn wir laufend Fehler machen.
Je nachdem, wo Sie herkommen und welche Art von Eltern Sie selbst als Kind hatten, kann es Ihnen leicht- oder schwerfallen, für Ihre Kinder da zu sein. Vielleicht empfinden Sie es als schwierig. Vielleicht erkennen Sie in diesem Moment sogar, dass Sienicht beständig für Ihre Kinder da sind, weder körperlich noch emotional. Auf den nächsten Seiten werden wir besprechen, wie Sie, unabhängig von Ihren eigenen Kindheitse