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»Ein Junge und ein Mädchen?«, fragte Kahlan mit Erstaunen.
»Ja, so ist es«, sagte Shale mit einem herzlichen Lächeln und nickte bekräftigend. »Ihr seid mit Zwillingen schwanger.«
Kahlan starrte hoch in einer Mischung aus Aufregung und tiefverwurzeltem Angstgefühl. Zwillinge zu bekommen – einen Jungen und ein Mädchen –, käme einem Geschenk der Gütigen Seelen gleich. Es war eine Möglichkeit, den Fortbestand von Richards Gabe und ihrer Konfessorinnenkraft bis hinein in künftige Generationen zu gewährleisten. Das Geschlecht der Rahls würde nicht aussterben. Die Abstammungslinie der Konfessorinnen würde nicht enden. Es könnte nicht perfekter sein.
Als sie sich aufzusetzen versuchte, zuckte Kahlan unwillkürlich zusammen. Sie legte einen Arm um ihren Unterleib, um den durch den Versuch ausgelösten, unerwarteten Schmerz zu lindern.
»Langsam«, sagte Shale und drückte sie, eine Hand auf ihrer Schulter, sachte wieder nach unten. »Eure Verletzungen waren lebensbedrohlich, außerdem wurdet Ihr gerade erst geheilt, im Großen und Ganzen jedenfalls. Euer Körper ist nach wie vor damit beschäftigt, das endgültige Verheilen dieser Wunden abzuschließen. Eure Muskeln wurden bis zur Erschöpfung beansprucht. Ihr müsst Euch ausruhen, um vollständig zu genesen.«
Kahlan, dankbar, dass die Frau ihr nach dem Überfall das Leben gerettet hatte, legte ihre Hand über Shales. Ja, Shale hatte unermüdlich geschuftet, um zu verhindern, dass Kahlan starb oder ihren Arm nicht mehr benutzen konnte.
Die Frau war zwar eine Zauberin, trotzdem war sie ganz und gar zu jung und zu hübsch für eine derart fähige Heilerin. Ihre von einem Schatten aus Weisheit und Kompetenz überlagerte jugendliche Schönheit – diese eigenartige Verbindung aus gerade erst erblühter Weiblichkeit und routinierter Cleverness – brachte Kahlan in einem hinteren Winkel ihres Verstandes auf den Gedanken, dass Shale wohl mehr war, als sie oberflächlich schien.
Im Augenblick jedoch plagten Kahlan größere Sorgen als die Andeutungen dessen, was sich hinter der Schönheit dieser Frau verbergen mochte, oder ihre eigene Sterblichkeit. Sanft schob sie Shales Arm beiseite, setzte sich auf und schwang die Beine aus dem Bett. Schließlich stand sie auf. Shale, die auf der Bettkante saß, erhob sich neben ihr, bereit, sie zu stützen oder aufzufangen, sollten ihre Beine versagen. Mit purer Willenskraft richtete Kahlan sich auf und stellte fest, dass sie sich auf den Beinen besser fühlte.
In dem großzügigen Schlafzimmer, beleuchtet nur vom sanften Schein der Lampen und dem heruntergebrannten Feuer in dem riesigen Kamin, war es still und ruhig. Kahlan wusste, die meisten der Mord-Sith würden draußen im Vorraum sein und das Schlafzimmer bewachen. Vika allerdings würde über Richard wachen.
Angesichts der draußen Wache stehenden Mord-Sith und der Anwesenheit Shales bei ihr im Zimmer schien dieser private Zufluchtsort ausreichend sicher. Allerdings hatte dieses Wesen, das sie angegriffen und