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Wehe, wenn das jetzt nicht das richtige Freudenhaus war.
Es sah nicht aus wie die schäbigeren Bordelle, die ich in letzter Zeit besucht hatte. Dieses dreigeschossige Gebäude wäre auch als Sitz eines elitären Clubs durchgegangen. Aber selbst wenn es wider Erwarten einen hübschen Eindruck machte – falls ich mir jetzt schon wieder eine Fleischbeschau antun musste, bei der am Ende nichts herauskam, wollte ich nicht für das verantwortlich sein, was ich mit dem Gesuchten anstellen würde, wenn ich ihn schließlich fand.
Frustriert von wochenlanger ergebnisloser Suche ließ ich meine Aggressionen an der Tür aus und trat sie ein. Ohnehin war ich bei den letzten Etablissements, die ich besucht hatte, mit Höflichkeit nicht weitergekommen. Kein kluger Inhaber verriet freiwillig großzügige Kunden, und der bordellbegeisterte Vampir, hinter dem ich her war, bezahlte offenbar gut.
Zu meiner Überraschung sah ich niemanden in dem eleganten Foyer. Normalerweise treiben sich in den Empfangsräumen von Bordellen immer ein paar Prostituierte herum, um neue Gäste willkommen zu heißen. Außerdem wunderte es mich, aus den oberen Stockwerken des Hauses keine Geräusche praktizierter Fleischeslust zu hören. Ich holte mein Handy heraus und checkte dieGPS-Markierung. Ja, ich war hier richtig. Außerdemroch es auf jeden Fall nach Sex, wenn man sich erst mal an die erstickenden Düfte der verschiedenen Parfüms und Colognes gewöhnt hatte.
Aber wo waren sie alle?
Ich spürte leichte Vibrationen im Fußboden und ging ins Foyer. Ach so, die Party fand unten statt. Ich folgte den kräftigsten Parfümgerüchen und entdeckte schließlich eine Treppe, die zwei Etagen in die Tiefe führte. Sie endete an einer verschlossenen Tür, die ich ebenfalls eintrat. Es hatte keinen Sinn, jetzt übertrieben zimperlich zu sein.
Dahinter war es richtig laut. Der Keller musste schallisoliert sein, sonst wäre ich gleich darauf aufmerksam geworden. Ich hätte am liebsten nicht gehört, was da vor sich ging. Ein ausgelassener Chor, der immer wieder das Gleiche schmetterte, malträtierte meine Ohren mit»Einzug der Gladiatoren«, einem Song, mit dem früher meist die Vorstellungen im Zirkus Barnum& Bailey begannen.
Und dass ich in einen Zirkus gekommen war, sah ich jetzt, wenn auch in einen ohne echte Tiere. Etwa ein Dutzend nackte Frauen und Männer tummelten sich auf dem Boden und verkörperten jämmerlich unzureichend Tiere, die sie mit ihren Ganzkörperbemalungen darzustellen versuchten.Kein Arbeitsethos, dachte ich, als drei falsche Löwen mehr Interesse daran zu haben schienen, einander zu streicheln, als realistischere Kämpfe um die Vorherrschaft zu führen – und davon, wie sie die beiden falschen Gazellen ignorierten, als diese an ihnen vorbeigingen, will ich gar nicht erst anfangen.
Etwa ein Dutzend Prostituierte in Clownskostümen widmeten sich ihren Rollen mit mehr Hingabe. Sie stiegen aus einer Autoattrappe am anderen Ende des Raums, manche schlugen nach dem Aussteigen Purzelbäume, andere stolperten slapstickartig übereinander, manche bliesen Luftballons auf und formten daraus Genitalien, die sie dann in obszöner Manier zusammensteckten.
Ein Feuerwerk lenkte meine Aufmerksamke