: Sarina Albeck
: Bäume für Borneo Wie Aufforstung die indigene Bevölkerung schützt und den Klimawandel bekämpft
: oekom verlag
: 9783962386535
: 1
: CHF 12.70
:
: Natur und Gesellschaft: Allgemeines, Nachschlagewerke
: German
: 176
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
»In Borneo hat die Entwaldung tiefe Narben hinterlassen, aber Aufforstungsprojekte geben wieder Hoffnung.« Der Lebens- und Kulturraum in Borneo ist von illegaler Abholzung, Goldsuchern und einer Ausweitung von Palmölplantagen bedroht. Mit dem Regenwald verschwindet auch die Lebensgrundlage der Dayak, der indigenen Bevölkerung. Um diese Entwicklung zu stoppen, hat Fairventures das Projekt »One Million Trees for Borneo« ins Leben gerufen. Gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung werden eine Million Bäume gepflanzt. Die Geschichte des Projekts zeigt, was möglich ist,wenn Menschen sich zusammenschließen, vorhandene Strukturen klug nutzen und sich mit einer Mischung aus Optimismus und Pragmatismus einer großen Aufgabe annehmen.

Sarina Albeck arbeitet seit ihrem Rhetorikstudium in der Unternehmenskommunikation. Dort ist sie einem Thema begegnet, das sie nicht mehr loslässt: Sie möchte die massenhafte Rodung des Regenwalds und den aggressiven Flächenhandel auf Borneo ins öffentliche Interesse rücken. Dafür ist sie selbst dorthin gereist und hat beobachtet, wie die rasante Entwaldung die Landschaft und das Leben der Menschen verändert.
Kapitel 1
Warum dieses Buch?
Ich wollte wissen, wie es wirklich ist.
Bevor ich mit der Recherche für dieses Buch angefangen habe, war ich noch nie im Regenwald. Auch die meisten Leute, die dieses Buch lesen, waren vermutlich nie dort. Warum also interessieren wir uns so für diesen weit entfernten Wald, obwohl es doch auch bei uns zu Hause wunderbare Wälder gibt, für die wir erst seit Kurzem wieder etwas übrighaben? Sind es die Abenteuergeschichten aus der Kolonialzeit, die in unserem kollektiven Gedächtnis verhaftet sind? Vielleicht, aber seitdem ist viel Zeit vergangen, und die Geschichten haben Staub angesetzt. Ist es ganz allgemein unser Interesse an dem Fremden? Aber warum interessieren wir uns nicht im gleichen Maß für die Wüsten dieser Erde? Oder ist es unsere Furcht vor dem Klimawandel?
Wir wissen: Wälder sind wichtig für das Klima, insbesondere Regenwälder, weil sie so viel CO2 speichern. Das tun aber auch Sümpfe und Permafrostböden. Trotzdem wecken sie nicht so eine Leidenschaft in uns wie die Regenwälder. Wir haben den Regenwald romantisiert und zu einem Sehnsuchtsort gemacht. Über die Bäume dort wissen wir so gut wie nichts. Nur dass sie groß sind. Und irgendwo haben wir einmal von den Lianen gehört, die dort überall hängen. Oder ist das nur in den Filmen und Geschichten so? Wir wissen auch kaum etwas über die anderen Pflanzen und Tiere. Nur dass es viele sind. Vielleicht noch, dass dort Pflanzen mit Heilwirkung wachsen – in der Schule haben wir mal etwas über die »Regenwaldapotheke« gelernt.
Seien wir ehrlich. Unser Bild von diesen Wäldern ist, sobald wir uns einmal zwingen, genauer hinzuschauen, ziemlich unscharf. Dennoch spüren wir, dass diese Wälder etwas ganz Besonderes sind. Dass wir sorgsam mit ihnen umgehen und sie schützen sollten. Genährt wird unsere Regenwaldutopie auch durch gut produzierte Dokumentationen. In diesen Dokumentationen lernen wir, dass unser Sehnsuchtsort dabei ist, zerstört zu werden. Das wollen wir natürlich nicht. Schnell ist eine Petition unterschrieben oder ein Kommentar in den sozialen Medien abgeschickt. Das Motto: Besser als nichts.
Und noch eine Frage stelle ich mir: Warum interessieren wir uns für den Wald, aber so wenig für die Menschen, die mit, von und in ihm leben – oder eben genau das nicht mehr tun? Für die Menschen gibt es in unserer Utopie erstaunlich wenig Platz. Manchmal tauchen sie am Rande auf: als Verlierer von Landrechtskonflikten oder als Handlanger von Konzernen bei der Rodung großer Waldflächen. Oder wir stellen sie uns als nomadisierende Naturvölker vor, die mit der Moderne nichts zu tun haben. Selten sehen wir sie als normale Menschen mit Bedürfnissen und Meinungen, Familien, die in Städten oder Dörfern leben, als Bauern, Wachleute, Lehrerinnen, Verkäuferinnen, Männer mit Motorrad, Frauen mit einem nervigen Ehemann, mit einem kranken Kind, das zum Arzt muss, Menschen mit Lust auf Konsum, als Kirchgänger, Imbissbudenbesitzer, als begeisterte Handyfotografen, Buchhalter, Raucher, Schüler.
Ich spitze natürlich zu. Und ich polemisiere. Trotzdem: Mein Eindruck ist, dass wir uns eine zu einfache Sicht auf ein komplexes Thema leisten. Eine Vereinfachung, die nicht nur nichts nützt, sondern schadet.
In den letzten Jahren hatte ich reichlich Gelegenheit, die öffentliche Debatte zu verfolgen. Und mein Beobachtungsposten war gut: Ich habe in der Unternehmenskommunikation eines Motorsägenherstellers gearbeitet. Ich kenne die Berichte zu diesem Thema, die bereits erwähnten Dokumentationen, Kampagnen von Nichtregierungsorganisationen, Petitionen, aufwallenden und abklingenden Empörungswellen in den sozialen Medien, Schuldzuweisungen und