Dies ist ein Buch über die Hoffnung, die uns die Bibel in kräftigen Bildern vor Augen malt, und über das vom Hoffen bewegte Handeln. Wenn die Bibel von der Zukunft spricht, reden Theologen von der „Eschatologie“. Wörtlich handelt es sich um die Lehre von den letzten Dingen.[1] Es geht um die Dinge, die sich zuletzt am Ende der Geschichte ereignen. Aber nicht nur zukünftige Ereignisse sind Gegenstand der Eschatologie, sondern auch die Frage nach dem gegenwärtigen Handeln. Hoffen und Handeln gehören im christlichen Glauben untrennbar zusammen.
Die Heilige Schrift des Christentums hat von Anfang bis Ende eine eschatologische Ausrichtung. Ihr entsprechend ist der christliche Glaube ein Glaube in Bewegung und voller Hoffnung. Die Bibel erzählt die grösste Story aller Zeiten. Ihr Ziel ist nichts weniger als die Erneuerung aller Dinge: Gerechtigkeit und Frieden sollen dem Menschen zuteilwerden, die Schöpfung soll befreit werden und Gott soll König über alles sein. Das ist das grosse eschatologische Ziel, auf das die Geschichte zusteuert. Die siebzig Schriften, welche die Bibel ausmachen, vereinen sich zum eindrücklichen Zeugnis, dass Gott zu diesem Zweck die Geschichte lenkt.
Der Blick auf das Ende hat nichts mit Weltflucht zu tun oder sollte es wenigstens nicht. Wir befänden uns in einem beklagenswerten Zustand, wenn es bloss darum ginge, diese Welt hinter uns zu lassen und „in den Himmel zu gehen, wenn wir sterben“. Der Himmel als nimmer endenden Aufenthaltsort gestaltloser Seelen, ist eine Karikatur der biblischen Hoffnung, wenn auch eine weit verbreitete.
Es geht in der Eschatologie um nichts weniger als die Wiederherstellung alles Geschaffenen. Theologisch gesprochen geht es um die Vollendung der Königsherrschaft Gottes. Diesem Ziel stellen sich der böse Wille des Menschen und die Macht Satans entgegen. Die Geschichte steht unter einem „noch nicht“: Das Königreich Gottes ist noch nicht in seiner ganzen Fülle da, Gottes Wille ist auf Erden noch nicht völlig geschehen, sein Heil ist erst zeichenhaft Wirklichkeit. Doch so gewiss Gott Gott ist, steuert das Weltgeschehen auf die Vollendung des Königreichs und die Verwirklichung des Willens Gottes zu.[2] Wegen dieses göttlichen Heilswillens kann der christliche Glaube gar nicht anders als eschatologisch sein. Der Widerspruch zwischen dem erklärten Heilswillen Gottes und der Tatsache, dass dieser noch nicht volle Wirklichkeit ist, gebiert eine Hoffnung, die über die Geschichte hinausgeht. Aus dieser Spannung ergibt sich die Eschatologie.[3]
Auf den letzten Seiten der Bibel wird uns das Ziel der Geschichte im Bild einer Stadt vor Augen gemalt, in der Gott König ist. In der kommenden Stadt gibt es weder Tod, noch Leid, noch Schmerz. Sie ist voll blühender Bäume, der Reichtum der Völker wird in sie hineingebracht, und Gott selbst ist ihr Licht. Wenn man die letzten Seiten der Bibel liest, wird man an die ersten erinnert. Die biblische Story beginnt in einen fruchtbaren Garten (Gen 1-2) und endet in einer blühenden Stadt (Offb 21-22).
Jürgen Moltmann charakterisiert die Eschatologie als „die Lehre von der christlichen Hoffnung, die sowohl das Erhoffte wie das von ihm bewegte Hoffen umfasst“. Das Christentum ist darum „ganz und gar nicht nur im Anhang Eschatologie“, sondern „ist Hoffnung, Aussicht und Ausrichtung nach vorne, darum auch Aufbruch und Wandlung der Gegenwart.“[4] Für Moltmann ist die Eschatologie das Medium des christlichen Glaubens:
„Das Eschatologische ist nicht etwasam Christentum, sondern ist schlechterdings das Medium des christlichen Glaubens, der Ton, auf den in ihm alles gestimmt ist, die Farbe der Morgenröte eines