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In die Weiße Zuflucht zu kommen, war eine gute Idee gewesen. Anders und seine Freunde saßen im Eingangsbereich des uralten Drachenhorts; alle Wölfe und Drachen hatten ihre Menschengestalt angenommen. Es war kaum zu glauben, aber ihnen drohte keine Gefahr – jedenfalls im Moment nicht.
Seit der Katastrophe in Holbard hatte keiner von ihnen viel gesagt. Sie waren einfach losmarschiert, hatten nur kurze Pausen eingelegt und waren schließlich hier hochgeflogen, die Drachen erschöpft und die Wölfe unter Schock. Durch den Zusammenstoß von Schneestein und Sonnenzepter war fast ganz Holbard zerstört worden, die Stadt lag in Schutt und Asche. Auf allen Seiten hatte es Verletzte gegeben. Sie waren verstört und hatten Angst, doch Anders musste seine Freunde davon überzeugen, zusammenzuarbeiten und das Kriegsbeil ein für allemal zu begraben. Doch er wusste auch, dass es immer schwerer sein würde, das Schweigen zu durchbrechen, je länger es anhielt.
„Ich denke …“ Beim Klang seiner Stimme blinzelten die anderen und schauten auf.
Anders hatte gehofft, dass er wissen würde, was er sagen sollte, sobald sie ihm zuhörten. Doch jetzt, wo ihn alle anstarrten, fiel es ihm schwer, die richtigen Worte zu finden.
„Wir müssen überlegen, was wir jetzt machen wollen“, murmelte er verlegen.
„Wir müssen tiefer in den Hort“, sagte Ellukka sofort und beugte sich nach vorn. „Hier im Eingang der Weißen Zuflucht sind wir nicht sicher, wir sind angreifbar. Ich weiß zwar nicht, wie sie hier heraufkommen wollen, aber die Wölfe werden uns jagen. Sie glauben, dass wir die Stadt angegriffen haben.“
„Duhast die Stadt angegriffen“, widersprach Viktoria eisig. „Wir alle haben gesehen, wie du mit diesem … diesemDing angeflogen kamst. Es hat riesige Risse im Boden hinterlassen – da warLava!“
„Das war das Sonnenzepter“, konterte Rayna sofort. „Und das haben wir gebraucht, weil die Wölfe den Schneestein benutzt haben, um Vallen mit Kälte zu überziehen und die Drachen umzubringen. Euer Schneestein hat mit seinem Eismindestens genauso viel Schaden angerichtet.“
„Apropos Drachen“, sagte Theo, „der Drachenrat denkt womöglich dasselbe wie die Wölfe – dass wir versucht haben, die Stadt anzugreifen. Und wenn wir nicht nach Drekhelm zurückkehren, werden sie nach uns suchen. Sie werden ziemlich sauer sein, wenn sie merken, dass wir nicht auf ihrer Seite sind.“
„Und auf wessen Seitebist du?“, fragte Sakarias sofort. „Auf der Seite der Wölfe?“
„Wir sind auf keiner Seite“, verkündete Anders und hob ein wenig die Stimme, um das allgemeine Gemurmel zu übertönen. „Oder vielmehr sind wir aufjedermanns Seite. Wir wollen weder den Wölfen noch den Drachen dabei helfen, aufeinander loszugehen. Und wir müssen zusammenhalten. Wir haben nur noch einander.“
Sieben Wölfe saße