Rückkehr der Superhelden
„Weißt du, mein Vater und meine Mutter haben sich getrennt, also hatte ich nicht viel männliche Energie in meinem Haus. Und außerdem bin ich mit einer Familie verheiratet, die nicht viel männliche Energie hat.“
– US-Rapper Kanye West erklärt seine Begeisterung für Donald Trump im Oktober 20188
November 2019. Die Amerikaner sind alarmiert, als der US-Präsident unangekündigt ins Walter Reed Medical Center gebracht wird – Fragen zum Gesundheitszustand werden aufgeworfen, und die Antwort von Trumps Kampagnenteam kommt prompt. Sie vergleichen Trump mit dem Superhelden „Superman“ von DC Comics. Der Vergleich löst Empörung aus, denn „Superman“ ist ein Einwanderer ohne Papiere, der in einer Rettungskapsel in den USA gelandet war, als sein Heimatplanet Krypton explodierte. Im zivilen Leben ist er Journalist beim Daily Planet, also einer der „Feinde des Volkes“, wie ihn Trump bezeichnen würde. Ironischerweise ist Superman in der Originalversion auch der schlimmste Feind jenes Milliardärs, der im Laufe der Story Präsident der Vereinigten Staaten wird. Trump als Superman? Hat da jemand etwas verwechselt?
Doch es ist nicht das erste Mal, dass sich Trump den Superheldennimbus gibt. So sagte der Rapper und Trump-Fan Kanye West bei einer Audienz im Weißen Haus, dass er Hillary Clinton liebe, aber ihr Wahlslogan „I'm with her“ gebe ihm nicht das Gefühl, der Typ Mann oder Vater zu sein, den sein Sohn verdiente. „Als ich diesen Hut (Anm.: die Baseballmütze von Trump) aufgesetzt habe, fühlte ich mich wie Superman. Das ist mein Lieblingssuperheld.“9 Damit ist der Musiker nicht allein, für viele amerikanische Männer hat Trump doch das Unmögliche mit seiner Wahl zum Präsidenten erreicht. „America first“:Keine Heldenfigur vermittelt diese Anschauung besser als der Prototyp aller Superhelden: Superman.
US-Superman gegen die deutschen „Übermenschen“
Er ist der erste in der langen Reihe von Superhelden, die ursprünglich nur ein Ziel eint: Hitler zu besiegen und den Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg zu propagieren. Viele der Comiczeichner der späten 1930er und 1940er Jahre sind jüdischer Abstammung – so auch die Superman-Erfinder Jerry Siegel und Joe Shuster sowie Joe Simon und Jack Kirby, die Väter von Captain America. Entsetzt über die Judenverfolgung im Dritten Reich, die Expansionspolitik der Nationalsozialisten und die faschistische Propaganda von Deutsch-Amerikanern in den USA leisten sie ihren Beitrag, indem sie den ersten Comic-Helden 1938 mobil machen, um die Moral zu heben.„Die Propaganda der Superhelden kam bei den Leuten so gut an, weil sie genau das bedienen, was die Leute haben wollten. Sie wollten einen Helden haben, der Amerika beschützt“, erklärt Comic-Historiker Cuno Affolter.10Gegen die deutschen „Übermenschen“ wurde also der US-Superman kry