Vier Jahre waren wir zusammen, am Schluss trennen wir uns in einerdirect message. Wobei ich mir bis heute nicht sicher bin, ob er weiß, dass ich mich wirklich trenne, als ich auf sein »Weißt du was, ich hab keinen Bock mehr auf das alles« mit »o. k.« antworte. Es ist nicht das erste Mal, dass einer von uns dem anderen das Ende an den Kopf wirft, es ist nur das erste Mal, dass zumindest ich es auch so meine.
Unsere gemeinsamen Freunde glauben an einen üblen Streit, als er am Abend nicht an meiner Seite in der Bar auftaucht, einige sprechen von einer Phase, andere von dem »Mist«, den Dominik vermutlich »mal wieder« gebaut hat. »Das wird schon wieder«, finden sie und nicken mir zu wie eine sich gegenseitig zustimmende Herde, die sich aneinander anpasst, um bloß nicht einzeln konfrontiert zu werden. Wir sind das Paar, bei dem man schon lange aufgehört hat, sich einzumischen, vielleicht, weil wir am Ende doch fast immer gemeinsam nach Hause gegangen sind, obwohl es unübersehbar ist, dass wir ohne den anderen viel unterhaltsamer sind. Dass wir zusammengehören, findet also zum Glück niemand mehr, dem müsste ich sonst die unbequeme Wahrheit überbringen, dass der einzige Grund dafür, dass Dominik und ich noch immer in der gleichen Wohnung lebten und die Festtage miteinander verbrachten, der war, dass ich bisher noch keinen Grund dagegen gefunden hatte. Zumindest keinen, der gut genug war.
Sicher, es hätte eigentlich reichen sollen, dass ich meinen Freund schon seit Monaten nicht mehr außerhalb unseres Wohnzimmers und ohne seine Jogginghose gesehen hatte – dass wir uns mit unserer Beziehung nur noch so viel Mühe gaben wie Gruner + Jahr beim Text der jährlichen Weihnachtskarte, hätte ein Zeichen sein sollen. Dass er seine Wochenenden immer öfter ohne mich und gut zweihundert Kilometer entfernt verbrachte, oder dass ich mich längst in einen anderen verknallt hatte, in einen, der nicht viel mehr Qualitäten brauchte, als zu bemerken, dass ich mir einen Pony geschnitten hatte. Das allein reichte für mich schon zum trennenden Unterschied.
Für Dominik war ich wie ein Möbelstück geworden, das da irgendwo am immer gleichen Fleck des Augenwinkels stand, manchmal redete, aber neuerdings immer länger schwieg, wenn er sich nach einem Tag in der Uni, nach einem Abend mit den Jungs oder einem Wochenendtrip an die Nordsee wieder aufs Sofa neben mich fallen ließ. Dass ich irgendwann nicht mehr da war, bemerkte er viel zu spät. Er bemerkte es erst, als ich eine Woche lang nicht mehr in unsere gemeinsame Wohnung zurückkehrte, vielleicht aber auch nur, weil er eines Abends auf meinem zurückgelassenen Laptop den Beweis dafür fand, dass ich gerade neben einem anderen Mann lag. Am nächsten Morgen wussten es dann auch alle anderen.
Solange es nicht auf sozialen Netzwerken steht, ist es eh nicht passiert, beschreibt das Trennungsgefühl unserer Generation. Im Jahr 2019 erfährst du nicht mehr gemütlich bei einer Tasse Kaffee, dass deine gute Bekannte ihre Verlobung gelöst hat, du erfährst es, weil sie am Tag nach der Trennung um 07.02 Uhr auf Instagram und in einem hektisch getipptenstory-slide nach einer »1–2-Zimmer-Wohnung, gerne mit Balkon, aber kein Muss, in Altona, Eimsbüttel oder der Schanze, bis siebenhundert Euro warm«, sucht. Du erfährst von der Trennung deines guten Freundes Jonas, der seit dem Abiball 2014 sein Profilbild nicht mehr aktualisiert hat, weil er es gerade durch ein Selfie und mit nachdenklichen Lyrics ersetzt hat.
Du weißt, dass deine Kollegin Laura wieder Single ist, weil sie sich in den letzten drei Postings, die ungewöhnlich dicht aufeinanderfolgten, jeweils in unterschiedlichen Bars möglichst wirksam verlinkt, markiert und sich für das unsortierte Gruppenfoto gut positioniert hat, während noch vor gut drei Wochen ihr monatliches Posting-Highlight d