: Giordano Bruno
: Die Fackel der dreißig Statuen übersetzt von Erika Rojas
: Books on Demand
: 9783750408326
: 1
: CHF 3.10
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: Philosophie
: German
: 300
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Der Naturphilosoph Giordano Bruno (1548-1600) versinnbildlicht in der"Fackel der dreißig Statuen" je 30 Begriffe in Gestalten der griechischen Mythologie. Mit Hilfe dieser Einteilung soll alles, was es auch sei, analysiert, erkannt, verstanden und im Gedächtnis bewahrt werden. Dieses Buch ist jedoch viel mehr. In der"Fackel der dreißig Statuen" entwirft Giordano Bruno die Metaphysik einer lebendigen, beseelten und von Liebe druchdrungenen Welt, in der aus der Begegnung der Kräfte der Finsternis und des Lichts alles Sein hervorkommt. Das Universum selbst ist ein Lebewesen, nämlich das erste Lebewesen, aus dessen Fülle, Bewusstsein und Liebe alles entsteht. Mehr über die Bücher Giordano Brunos unter https://erikarojas.de/Giordan Bruno/GB.html

Der Naturphilosoph Giordano Bruno lebte in der Renaissance von 1548 bis 1600. Er reiste durch Europa und lehrte in vielen Städten, wobei ihn alle christlichen Kirchen verfolgten und exkommunizierten. Am 17. Februar 1600 wurde er von der katholischen Kirche wegen Ketzerei auf dem Campo de Fiori in Rom auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Giordano Bruno hinterließ ein umfangreiches Werk italienischer und lateinischer Schriften, von denen einige erst jetzt vollständig übersetzt wurden.

Das zweite Formlose, der Orkus oder der Abgrund



Wie der Sohn dem Vater folgt der Abgrund oder der Orkus dem Chaos, denn aus dem Leeren und Unbegrenzten folgt eine  Hinwendung, ein Mangel oder ein grenzenloses Verlangen, wie es im Sprichwort heißt, dass „der Mangel das Verlangen hervorbringt“. 

Durch den Namen des Orkus stellen wir uns einen unermesslichen und unendlichen Schlund vor, der dem Leeren dasjenige hinzufügt, das irgendwie alles zu empfangen, zu begehren und anzuziehen vermag. Ihn stellen wir durch dreißig Bedingungen dar oder erklären wir durch das Dargestellte. Wir können ihm jedoch nicht irgendeine Idee oder Form geben.

I. Orkus oder Abgrund wird er wegen seiner Weite genannt, die mit der Weite seines Vaters, des Chaos, zusammentrifft. Das unendliche Verlangen folgt somit der unendlichen Leere.

II. Er wird Acheron genannt oder der Traurige, wegen der Ähnlichkeit, da sie beide wegen ihrer Bedürftigkeit nicht sonderlich zufrieden sind. Er selbst ist der Traurigste von allen, da er ja allen Mangel bedeutet und das Dasein des sich widersprechenden Gegensatzes.

III. Man stellt sich vor, dass er alles verwirft, was ihn nicht ausfüllt, da ja das dem Unendlichen oder dem unendlichen Verlangen hinzugefügte Endliche keinerlei Verhältnismäßigkeit oder Vereinbarkeit zulässt.

IV. Durch den Brunnen des Belus ist sein unermessliches Streben zu erkennen, oder er weist zumindest darauf hin. So viel Wasser auch in ihn hineingeschüttet wird, scheint es doch immer wie aus einem durchlöcherten Gefäß wieder herauszufließen und nichts zum Auffüllen des Schlundes beizutragen, noch zu seinem Ausfüllen zu führen.

V. Da hier ein Verlangen dargestellt wird, dessen Gegenstand das Endliche ohne Ende ist, ist es selbst unendlich. Denn der  unendlichen Leere und dem unendlichen Mangel folgt nicht ein Verlangen, dem ein bestimmtes Ziel seines Strebens oder ein bestimmtes Wünschenswertes gegenüberstehen könnte, sondern es ist in gleicher Weise unendlich und unbestimmt.

VI. Unersättlich ist sein Beiwort, denn welches Begehrenswerte oder Wünschenswerte ihm auch immer angeboten werden  könnte - wenn er glaubt, es umfassen zu können, wird es ihn in keiner Weise befriedigen können, nicht einmal mehr als das Nichts selbst.

VII. Daran ändert sich auch nichts durch den Körper des Tityos mit einer Größe von neun Morgen. Diese Zahl ist gebildet aus drei mal drei und bedeutet die vollkommen vollkommene Zahl oder das sphärisch vollkommene Unendliche. Von seiner ständig nachwachsenden Leber kann der ebenso unaufhörlich sich erneuernde Hunger des Geiers nicht gestillt werden, denn ein unendliches Streben, dem ein endliches Objekt oder Subjekt gegeben wird, ist niemals zufrieden, ebenso wie durch zufällig nichts. Wenn es immer so endlich ist, dass es nicht auch beendet wird, wie ein Subjekt, das beständig verschlungen werden kann, dann ist es nicht so abwesend, wie Gegenwärtiges abwesend ist oder Abwesendes anwesend ist. Wie zum Beispiel auch das Objekt des endlichen Bewusstseins und des endlichen Wollens das unendliche Gute ist, denn wenn es völlig erfasst und erreicht werden könnte, wäre es nicht mehr das Gute, denn es gäbe ja keinen Grund mehr, es zu begehren. Wenn es folglich immer gut sein soll, muss es immer begehrenswert sein. Um immer begehrt zu werden, darf es sich niemals erfüllen. Es ist also nicht völlig abwesend, außer es ist vielleicht überhaupt nicht gut, da es sich auf keine Weise mitteilt. Es ist auch nicht völlig anwesend, wenn es nicht ein endliches Gutes ist, und folglich seine Güte begrenzt ist und irgendwo endet, wo es sich erfüllt und sein Ende erreicht.

VIII. Durch die Gefangenschaft des Giganten wird ausgedrückt, wovon tiefs