: Dariu? Zifonun
: Hans-Georg Soeffner
: Herbert von Halem Verlag
: 9783744519656
: Klassiker der Wissenssoziologie
: 1
: CHF 12.40
:
: Soziologie
: German
: 184
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
er Band porträtiert Hans-Georg Soeffner als einen der führenden Vertreter der Generation von Soziologen, die seit den 1970er-Jahren die deutschsprachige Soziologie prägen, indem sie die kultur- und wissenssoziologische Tradition erneuerten und mit neuen qualitativen Verfahren der empirischen Sozialforschung verbanden. Soeffner gilt als Begründer der Hermeneutischen Wissenssoziologie, die er programmatisch ausgearbeitet und in der Sozialwissenschaftlichen Hermeneutik methodisch ausformuliert hat. Daneben hat er auch wesentliche Beiträge zur Gesellschaftstheorie und Zeitdiagnose formuliert sowie zum Verständnis des zentralen Motivs der Moderne: der Individualität. Dariu? Zifonun diskutiert insbesondere Soeffners Beitrag zur Entwicklung der Bildanalyse, sein Verständnis von Hermeneutik als Alltagspraxis und Methode, die materialen Analysen von Lebensstilen, politischem Handeln und Religion sowie seine Theorie von Symbol und Ritual. Der besondere Beitrag Soeffners zur aktuellen soziologischen Diskussion besteht darin, die symbolischen Gehalte des Alltags und die Fragilität seiner Sinngefüge und Ordnungskonstruktionen offenzulegen und die Produktivität des soziologischen Handlungsbegriffs unter Beweis zu stellen.

Dariu? Zifonun, geb. 1968, Dr. rer. soc., ist Professor für Soziologie mit den Schwerpunkten Sozialstrukturanalyse und Konfliktsoziologie an der Philipps-Universität Marburg. Zuvor war er Professor für Soziologie an der Alice Salomon Hochschule Berlin (2009-2015), Research Fellow am KWI Essen (2007-2009), Lehrbeauftragter an der TU Berlin (2007-2009) und wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich Geschichte und Soziologie der Universität Konstanz (2000-2005). Dariu? Zifonun hatte Gastprofessuren an der University of North Carolina at Chapel Hill (2006) und der Hitotsubashi University Tokyo (2005) inne und war Mitglied im Vorstand der DGS und der DGS-Sektion Wissenssoziologie. Studium an der Universität Konstanz und der York University/Toronto, Diplom-Verwaltungswissenschaf ler 1998 (Universität Konstanz), Promotion im Fach Soziologie 2002 (Universität Konstanz), Habilitation im Fach Soziologie 2015 (TU Berlin).

II.Eine wissenschaftsbiografische Skizze


In einer der seltenen persönlichen Anmerkungen, die sich in Soeffners Werk finden, heißt es zu Beginn seines Aufsatzes über die taubenzüchtenden Bergleute im Ruhrgebiet:

»Als ich zehn Jahre alt war, zog meine Familie von einer kleinen Universitätsstadt in Süddeutschland in eine der Großstädte des Ruhrgebietes. Nur wenige Straßen von unserem Haus entfernt lag eine Bergmannssiedlung. Die meisten meiner Schulfreunde wohnten dort. Zwanglos wurde ich zum Mitglied ihrer ›street corner society‹. Ich trieb mich nach der Schule mit ihnen herum, profitierte von den Nachkriegssegnungen des Bergmannsstandes (Kohle-, Holz- und Lebensmittelzuweisungen) und sah, wie am Abend viele der Bergleute unmittelbar zu denen gingen, die sie am meisten anzuziehen schienen: zu ihrem Tauben« (SOEFFNER 1992-6: 131).

Als biografisch prägend erweisen sich Soeffners Kindheit und Jugend im Ruhrgebiet. Er entstammt einer Familie, so Soeffner 2005 im Interview mit Ronald Kurt, »die früher zum Bildungsbürgertum gezählt worden wäre, die aber ins Ruhrgebiet verpflanzt worden ist und, was mich angeht, die sich da auch wohl gefühlt hat« (Soeffner in KURT 2006: 185).

Hans-Georg Soeffner wird am 16. November 1939 in Essen geboren, wird während des Krieges mit seiner Mutter und Schwester ›evakuiert‹ und verbringt den größten Teil der folgenden Jahre in Tübingen. Er ist zehn Jahre alt, als die Familie nach Essen zurückkommt und in die Nähe der erwähnten Bergmannsiedlung zieht, die zur Zeche Ludwig im Essener Süden gehört. Von 1950 an besucht Soeffner das Essener Helmholtz-Gymnasium, eine Schule mit einem ausgeprägten Schwerpunkt im Sport. Das kommt dem sportbegeisterten Soeffner entgegen, der später nicht nur Fußball spielen, sondern auch rudern, boxen und klettern wird. Biografisch bedeutsam wird die Schule aber wegen eines Kurses über Martin HeideggersWas ist Metaphysik?, den ein ehemaliger Schüler Heideggers anbietet und über den Soeffner zur Philosophie kommt.

Soeffner studiert ab 1960 zunächst an der Eberhard Karls Universität Tübingen Philosophie und Germanistik. 1962 geht er für ein Jahr an die Universität zu Köln, kehrt von dort zunächst nach Tübingen zurück und wechselt 1964 schließlich an die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, wo er 1966 sein Studium mit dem Ersten Staatsexamen abschließt.

In Tübingen besucht Soeffner Vorlesungen des Volkskundlers Hermann Bausinger, des Altphilologen Wolfgang Schadewaldt und des Philosophen Walter Schulz, der sein Denken nachhaltig beeinflussen wird. Schulz macht ihn mit Immanuel Kant un