Das soll mal ein normaler Mensch kapieren, diese Sachen. Er saß an seinem Schreibtisch vor den Unterlagen zur Verlängerung der Unfallversicherung, als Johanna von der Arbeit nach Hause kam. Thomas hörte sie leise vor sich hin schluchzen. Er stand auf und ging in den Flur. Seine Frau lehnte beim Schuhregal, noch in den lackschwarzen Stiefeln und im Mantel. Er fragte, was passiert sei, bekam aber keine Antwort. Und als er seine Arme ausstreckte, um ihr aus dem Mantel zu helfen, schüttelte sie sich nur, als wollte sie radioaktive Tröpfchen aus ihrem Fell loswerden, ihre Schultern zuckten, und er ließ seine Hände sinken. Dann lehnte er sich gegen den Türrahmen und schaute ihr zu, wie sie sich aus den Kleidern schälte. Ihre Lippen zitterten ein bisschen wie Laub, und auf ihren Wangen lag eine Patina, die ihr Profil im Vorzimmerspiegel wie die rechte Seite einer Kippbildvase leuchten ließ, umgeben von einer kalt-weichen Mondhoflasur. Seltsame Korona. Sie schaute Thomas nicht an, und es kam auch kein Geräusch mehr aus ihrem Mund.
„Ich leg mich in die Wanne“, sagte sie und ging, nur in Unterwäsche, ins Badezimmer. Er hörte das Wasser mit zwei, drei Unterbrechungen im Rauschen, wahrscheinlich kontrollierte sie mit einem Finger die Temperatur. Ihre Kleider ragten wie geschmolzene Stahlröhren aus dem Parkettboden des Vorzimmers, als hätte sie die Sachen tief in die Holzdielen gerammt. Er ließ alles in Ruhe liegen, stieg darüber hinweg und näherte sich der Badezimmertür, die einen Spalt breit offenstand. Johanna war gerade dabei, in die Wanne zu steigen, als sie ihn bemerkte.
„Was willst du“,