: Rainer Sachse, Stefanie Kiszkenow-Bäker
: Komorbiditäten bei Persönlichkeitsstörungen
: Hogrefe Verlag GmbH& Co. KG
: 9783840929953
: Praxis der Psychotherapie von Persönlichkeitsstörungen
: 1
: CHF 17.50
:
: Psychologie
: German
: 115
: Wasserzeichen/DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: PDF
Die Diagnostik und Therapie von Persönlichkeitsstörungen stellen Therapeuten stets vor besondere Herausforderungen. Liegt darüber hinaus eine Komorbidität mit einer anderen Persönlichkeitsstörung oder einer weiteren psychischen Störung vor, gilt dies umso mehr. Daher werden zu Beginn des Buches die besonderen Probleme bei der Diagnostik von Persönlichkeitsstörungen dargestellt und Lösungen erörtert. Anschließend wird ausführlich auf das Problem der Komorbiditäten eingegangen: Was Komorbiditäten psychologisch, diagnostisch und therapeutisch bedeuten und wie Therapeuten konstruktiv damit umgehen können. Es werden die speziellen Probleme bei besonders häufig auftretenden Komorbiditäten ausführlich behandelt: Wie Therapeuten schwierige Interaktionen bewältigen können und was sie therapeutisch besonders beachten sollten.
2 Probleme bei der Diagnostik von Persönlichkeitsstörungen
Rainer Sachse

2.1 Einleitung

Im Bereich von Psychotherapie geht es zentral um die Frage, welche therapeutischen Interventionen und Strategien ein Therapeut bei einem bestimmten Klienten anwenden soll. Um dies zu entscheiden, muss der Therapeut ein Modell vom Klienten erstellen (Sachse, 2017), ein „Fallkonzept“ entwickeln, also ein Modell darüber, welche Störung(en) der Klient aufweist und wie diese „psychologisch funktionieren“ (Becker& Sachse, 1998; Sachse, 2003, 2006a, 2006b, 2006c, 2013a,b, 2016a,b,c,d,e). Ein wesentlicher Aspekt eines solchen Klienten-Modells ist die Diagnose: Eine psychologische Hypothese darüber, welche Störung(en) der Klient überhaupt aufweist. Solche Diagnosen sind gerade bei Klienten mit Persönlichkeitsstörungen (PD) besonders wesentlich, da Therapeuten dies schon für eine initiale Gestaltung der therapeutischen Beziehung benötigen.

Es ist deshalb von großer Bedeutung, dass ein Psychotherapeut eine bestimmte Persönlichkeitsstörung valide erfassen kann: Denn die Diagnose ist wesentlich für das weitere therapeutische Vorgehen: Von ihr hängt z. B. ab, welche Art von (komplementärer) Beziehungsgestaltung ein Therapeut einem Klienten gegenüber realisiert, auf welche Art von Tests sich der Therapeut einstellen muss, mit welchen Arten von Interaktionsproblemen er rechnen muss und wie er konstruktiv damit umgehen kann, welche Arten von Schemata er klären muss u. a. (Sachse, 1997a,b,c, 2001a,b, 2002, 2004a,b,c,d, 2006a).

Und: Ein Therapeut sollte eine PD-Diagnose auch möglichst früh im Therapieprozess stellen, denn nur dann weiß er überhaupt, welche Art von komplementärer Beziehungsgestaltung er realisieren sollte; nur dann hat er eine Vorstellung davon, welche „hypersensiblen Schemata“ ein Klient aufweist und an welchen Stellen ein Therapeut damit vorsichtig agieren sollte, um keine interaktionellen Krisen zu provozieren.

Daher sollte ein Therapeut in der Lage sein, eine solche Diagnose, oder besser gesagt, eine Hypothese über eine solche Diagnose (Sachse, 2017) möglichst schon bis zur fünften Therapiestunde aufzustellen. Tut er dies nicht oder kann er es nicht, wird die Therapie dadurch beeinträchtigt. (Natürlich ist dies nicht für alle Klienten möglich: Bei Klienten mit Distanzstörungen wird dies in der Regel länger dauern; vgl. Sachse& Sachse, 2017.)
Inhaltsverzeichnis7
1Worum es geht9
2 Probleme bei der Diagnostik von Persönlichkeitsstörungen10
2.1Einleitung10
2.2Grundlegende Probleme bei der Anwendung des DSM bzw. Diagnose von Persönlichkeitsstörungen11
2.3Unterschiedliche Aspekte der DSM-Kritik12
2.4Was ist problematisch an einer DSM-Diagnose?14
2.5 Eine mögliche Lösung: Das Persönlichkeits-Störungs-Rating-System35
2.6Die Stellung von Diagnosen in der Praxis36
3Das Komorbiditätsproblem40
3.1Was sind und was bewirken Komorbiditäten?40
3.2Der empirische Nachweis von Komorbiditäten41
3.3Komorbiditäten von Persönlichkeitsstörungen untereinander42
3.4Komorbiditäten von Persönlichkeitsstörungen mit Achse-I-Störungen44
4Zur Theorie von Komorbiditäten46
4.1Wechselwirkungen46
4.2Kompatible und konfligierende Komorbiditäten48
4.3Leitstörung und Modi50
4.4Therapeutische Konsequenzen51
5Komorbiditäten von Persönlichkeits­störungen mit Achse-I-Störungen54
5.1Einleitung54
5.2Histrionik und Panik: Funktionalität54
5.3Narzissmus und Depression57
5.4Persönlichkeitsstörungen und Depression59
6 Komorbiditäten zwischen Persönlichkeitsstörungen68
6.1 Komorbiditäten mit einer narzisstischen Störung68
6.2 Komorbidität von histrionischer und dependenter Persönlichkeitsstörung77
7 Sucht als Komorbidität bei Persönlichkeitsstörungen: Ein sehr spezielles Problem81
7.1Sucht als Störung der Affektregulation81
7.2 Was hat das mit Persönlichkeitsstörungen zu tun?83
7.3 Konsummotive bei unterschiedlichen Persönlichkeitsstörungen84
7.4 Therapeutische Besonderheiten bei der Behandlung einer komorbiden Sucht91
Literatur93
Endnoten113