: Annette Spratte
: Die stumme Magd
: Francke-Buch
: 9783963629327
: 1
: CHF 11,50
:
: Historische Romane und Erzählungen
: German
: 317
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Yorkshire, 1710: Dem jungen Daniel Huntington wird eine Stelle als Stallmeister auf dem renommierten Gestüt des Baronets Brigham angeboten. Überwältigt von dieser einmaligen Chance willigt er ein und hat sich bald auf dem Anwesen eingelebt. Nur eines lässt ihm keine Ruhe: Unter der Dienerschaft befindet sich eine Magd, die niemals spricht und von allen gemieden wird. Fasziniert von ihrer Freundschaft zu einer Schimmelstute, die sonst niemanden an sich heranlässt, versucht Daniel herauszufinden, was es mit der jungen Frau auf sich hat. Die letzten Worte des alten Stallmeisters deuten auf ein grausiges Geheimnis hin ...

Annette Spratte lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Söhnen in einem kleinen Dorf im Westerwald. Die Liebe zu Büchern begleitet sie in ihrem Leben schon länger als die Liebe zu Pferden, und Bücher waren es auch, die ihr den Weg zum Glauben gewiesen haben, als sie noch sehr weit von Gott entfernt war. Heute arbeitet sie als Autorin und Übersetzerin. Wenn sie gerade nicht am Computer sitzt, kann man sie im Garten oder im Pferdestall antreffen.

1. Ankunft

Daniel trat aus dem Stall und ließ seinen Blick durch den Innenhof schweifen. Nebelschwaden hingen über den Gebäuden und machten sowohl die Reithalle linker Hand wie auch den gegenüberliegenden Stalltrakt nahezu unsichtbar.

»Bastian? Willie?«, rief Daniel, bekam aber keine Antwort. Wo steckten die Burschen nur?

Am Anbindebalken neben der majestätischen Kastanie, die mitten im Hof stand, sah er einen einsamen Besen, aber sonst wirkte alles gespenstisch verlassen. Er ging an der Mauer entlang zu dem weiten Torbogen, der groß genug war, um mit einer Kutsche in den Innenhof zu fahren. Ein mulmiges Gefühl machte sich in ihm breit. Schemenhaft konnte er schräg gegenüber die Torpfosten des Dienstboteneingangs erkennen, aber das große Herrenhaus war nicht zu sehen, so dicht lag der Nebel auf dem Land. Auch die Weiden, die sich links hinter den Ställen bis weit in das seichte Tal unterhalb von Brigham Hall erstreckten, waren darin eingehüllt.

Vielleicht hatte er alles nur geträumt? Vielleicht träumte er noch in diesem Moment und würde gleich in seiner alten Kammer auf Ribston Hall erwachen …

»Unfug«, murmelte er vor sich hin und ging mit entschiedenen Schritten hinüber zum Haupthaus. Mit jedem Schritt tauchten mehr Details aus dem Nebel auf: die kleine Pforte, der Kräutergarten und schließlich auch die Mauern des Hauses mit der niedrigen Tür, die zum Dienstbotentrakt führte.

Daniel musste sich unter dem Türrahmen hindurchducken, obwohl er gar nicht so groß war mit seinen 1,70 m. Rechts von der Tür führte eine Treppe zu den Schlafräumen der Hausangestellten. In der Nische darunter streifte er seine Stiefel ab und nahm sich ein Paar Filzpantoffeln. Der Haufen Stiefel, der bereits dort lag, verriet ihm, wo seine Stallburschen hin verschwunden waren. Er wandte sich nach links, der Küchentür zu.

Kaum ein Wort fiel um den großen Tisch, aber in dem Raum war es dennoch alles andere als leise. Das Klappern von Löffeln in Tellern und das geräuschvolle Kauen ließen ahnen, dass der Eintopf, den die Köchin zubereitet hatte, äußerst schmackhaft war.

Daniel spürte die Blicke aller Anwesenden auf sich, als er die Küche betrat. Die drei Stallburschen zogen die Köpfe ein und löffelten hastig weiter.

»Ach, h