: Ilse Müllner, Barbara Schmitz
: Perspektiven Biblische Texte und Narratologie
: Verlag Katholisches Bibelwerk
: 9783460510647
: 1
: CHF 37.10
:
: Praktische Theologie
: German
: 400
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Narratologie als methodischer Zugang, Texte des Alten Testaments zu interpretieren, hat sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten zunehmend in der alttestamentlichen Wissenschaft etabliert. Im vorliegenden Sammelband werden unterschiedliche Strategien narratologischer Perspektivbildung in 16 Beiträgen an alttestamentlichen Texten verschiedener Gattungen, Zeiten und Textsorten analysiert.

Prof. Dr. Ilse Müllner ist Professorin für Biblische Theologie/AT am Institut für Katholische Theologie der Universität Kassel. Ihre aktuellen Forschungsschwerpunkte sind die Samuelbücher, biblische Narratologie, exegetische Genderforschung und kulturwissenschaftliche Zugänge zu biblischen Texten.

Der Traum des Kambyses (Herodot »Historien« 3, 30 und 3, 61–65).


Ein narratologischesClose-reading1


IRENE J. F. DE JONG

1.Einleitung: Narratologie und historiographische Texte?


Kann man historiographische Texte narratologisch erschließen? Einer der Gründungsväter der Narratologie,Roland Barthes, hat dies 1966 ausdrücklich bejaht:

Innombrables sont les récits du monde […] il est présent dans le mythe, la légende, la fable, le conte, la nouvelle, l’épopée, l’histoire, la tragédie, le drame, la comédie, la pantomime, le tableau peint […] le vitrail, le cinéma, les comics, le fait divers, la conversation.2

Allerdings setzte sichBarthes nur theoretisch mit dem Zusammenhang von Narratologie und Historiographie auseinander (in seiner Abhandlung »The Discourse of History«),3 ohne je eine eigene grundlegende narratologische Analyse eines historiographischen Textes durchzuführen.

Etwa zehn Jahre später forderte der amerikanische HistorikerHayden White nachdrücklich, die Historiographie als eine Form des Diskurses anzusehen, die denselben literarischen Vorgehensweisen folgt wie der Roman:

What all this points to is the need to revise the distinction conventionally drawn between poetic and prose discourse in discussion of such narrative forms as historiography and to recognize that the distinction, as