2 Die Wunde der ungeliebten Frauen
In den Gesprächen, die ich über die letzten Jahre mit Frauen jeden Alters geführt habe, erkannte ich immer wieder eine bestimmte Angst: die, nicht geliebt zu werden. Es ist kein weiblicher Schmerz in meinen Augen, vielmehr eine menschliche Erfahrung, die je nach Biografie schmerzhafter oder weniger transparent ist, wenn sich die eigenen Erwartungen (wiederholt) nicht erfüllen.
Diese Wunde, die durch singuläre, anhaltende oder wiederkehrende Nichtbefriedigungen entstanden ist, ist eng mit Erfahrungen aus Kindheit/Jugend und frühem Erwachsensein verbunden: ein unersättlicher und sehr duldsamer Teil Ihrer Persönlichkeit, der irgendwann einmal oder wiederholt nicht ausreichend genährt worden ist. Er sehnt sich bis heute nach Liebe – beständiger, bedingungsloser und allseits verfügbarer, warmer und doch befreiter Liebe, wie Sie sie definieren. Das kann im Sinne von Förderung und Wachstum (z. B. finanzielle Möglichkeiten), Dasein und Schutz (z. B. stets verfügbare Zuwendung und Aufmerksamkeit), Erlebnisse und Gemeinsamkeit (z. B. Beschäftigung durch bzw. mit anderen) sein oder sich nur auf Zweisamkeit und (emotionale, körperliche) Intimität beziehen. Dieser schmerzliche Teil Ihres Selbst liegt tief verborgen und ist für Außenstehende sicher kaum sichtbar, denn wie viele andere Frauen auch haben Sie auf Ihre Art gelernt, Ihre Wunde zu verstecken: durch Karriere und Berufung, Mutterschaft, Partnerschaft, Ehrenämter und Engagements, Freizeitaktivitäten, Konsum, enge freundschaftliche Verbindungen, Ästhetik, Sorge für Tiere u. v. m. Es gibt unzählige Kompensationen, um seine Wunde nicht spüren zu müssen, doch Geschäftigkeit und Füllen der Leere ist eine besonders weit verbreitete.
Frauen tendieren besonders dazu, durch Ersatzbeziehungen jene frühen Erfahrungen auszugleichen, in denen sie nicht (genug) erhielten von dem, was sie gebraucht hätten.
Liebe erleben und geben zu dürfen sind keine selbstverständlichen Erfahrungswerte. Wir können einen