: Cornelia Exner, Jana Hansmeier
: Metakognitive Therapie Manuale für die Praxis
: Hogrefe Verlag GmbH& Co. KG
: 9783840927690
: 1
: CHF 14.90
:
: Psychologie
: German
: 104
: Wasserzeichen/DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: PDF
Die Metakognitive Therapie (MKT) stellt eine aktuelle Weiterentwicklung der Kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) dar. Der Band stellt die Kernmerkmale der MKT vor, geht auf die Unterschiede und Gemeinsamkeiten von KVT und MKT ein und erörtert ausführlich das metakognitive Störungsmodell. Diagnostische Instrumente zur Erfassung dysfunktionaler metakognitiver Annahmen werden ebenso vorgestellt wie die Grundelemente des therapeutischen Vorgehens und störungsspezifische Techniken sowie deren wissenschaftliche Fundierung. Dysfunktionale Kognitionen gelten als wichtiger Faktor bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von psychischen Störungen. Anders als im klassischen kognitiv-behavioralen Ansatz ist dem metakognitiven Ansatz zufolge nicht das Was, sondern das Wie des Denkens von zentraler Bedeutung. Wichtigstes Anliegen der MKT ist es daher, den Umgang von Menschen mit ihren negativen Gedanken zu beeinflussen. Dazu werden praxisorientiert zentrale Therapieelemente und spezielle Techniken, z.B. die losgelöste Achtsamkeit und das Aufmerksamkeitstraining, dargestellt. Zudem wird auf die Disputation metakognitiver Überzeugungen, die Durchführung von Verhaltensexperimenten sowie auf störungstypische Besonderheiten eingegangen. Ausführliche Fallbeispiele veranschaulichen das Vorgehen für verschiedene Problemlagen.

2 Das metakognitive Störungsmodell


2.1 Übergeordnetes Störungsmodell


Das metakognitive Störungsmodell geht von der Annahme aus, dass eine adäquate Bewertung und Steuerung eigener mentaler Vorgänge entscheidend für die psychische Gesundheit ist. Metakognitionen beschäftigen sich also mit dem „Denken über das Denken“. Dabei wird häufig auf die Definition des EntwicklungspsychologenJohn Flavell (1979) zurückgegriffen, der als „Vater“ der wissenschaftlichen Beschäftigung mit metakognitiven Phänomenen gilt, allerdings eher mit Bezug auf die Entwicklungs- und Lernpsychologie. Er beschrieb 1979 in einem wegweisenden Aufsatz Metakognitionen als „das Wissen und die Kognition über kognitive Phänomene“. Aus Flavells allgemeinem Metakognitionsmodell abgeleitet, unterscheidet auch das metakognitive Modell psychischer Störungen von Wells zwei verschiedene metakognitive Phänomene: (a) metakognitives Wissen und (b) metakognitive Regulation/Strategien.

|9|2.1.1 Metakognitives Wissen

Metakognitives Wissen bezieht sich einerseits auf die Bewertung der eigenen kognitiven Leistungsfähigkeit. Dieser Aspekt metakognitiver Phänomene wird auch als kognitives Vertrauen (cognitive confidence) bezeichnet. Das Ausmaß kognitiven Vertrauens bestimmt, wie stark Menschen auf die Produkte ihrer eigenen geistigen Tätigkeit in der Vergangenheit oder Zukunft vertrauen. Gehe ich z. B. davon aus, dass meine Erinnerung an zurückliegende Ereignisse korrekt ist oder misstraue ich meinem Gedächtnis? Vertraue ich auf meine Problemlösefähigkeiten oder zweifle ich an meiner Fähigkeit, Probleme durchdringen und lösen zu können?

Weiterhin schließt metakognitives Wissen Annahmen über das eigene Denken ein, bezieht sich also z. B. auf Annahmen über die Nützlichkeit und Zuverlässigkeit von Gedanken und über die eigene Fähigkeit, Denkprozesse zu kontrollieren. Dabei wird zwischen positiven und negativen Metakognitionen unterschieden. Positive Metakognitionen betreffen Annahmen über die Nützlichkeit bestimmter mentaler Vorgänge. Negative Metakognitionen hingegen beziehen sich auf die Gefährlichkeit von Denkprozessen:

Beispiel

So könnte zum Beispiel eine Patientin mit einer Generalisierten Angststörung (GAS) annehmen, dass es hilfreich und ratsam ist, sich Sorgen zu machen, um eventuelle Gefahren zu erkennen und vorbeugen zu können (positive Metakognition). Die Patientin könnte aber zugleich besorgt sein, dass sie ihre Sorgen nicht mehr kontrollieren kann und dass zu viele Sorgen ihre Gesundheit schädigen werden (negative Metakognition).

2.1.2 Metakognitive Regulation/Strategien

Metakognitive Regulationsmechanismen bezeichnen die Fähigkeit, eigene Denkprozesse zu regulieren, also z. B. die Aufmerksamkeit von inneren oder äußeren Ereignissen abziehen und auf andere Gegenstände richten zu können. Wie gut es Menschen gelingt, Aufmerksamkeits- und Denkprozesse zu steuern, ist zum einen von individuellen exekutiven Fähigkeiten, z. B. zur Aufmerksamkeitskontrolle, abhängig, aber auch von den Annahmen, die sie über die Nützlichkeit bestimmter Prozesse und Strategien haben (vgl.Kapitel 2.1.1). Aus positiven und negativen metakognitiven Annahmen entstehen nun auch unterschiedliche Strategien zum Umgang mit dem eigenen Denken. So können positive metakognitive Annahmen dazu führen, dass Grübel- und Sorgenprozesse bewusst angestoßen und in Gang gehalten werden.

|10|Beispiel

Stellen wir uns wieder die oben erwähnte Patientin mit GAS vor, die überzeugt ist, dass es ratsam ist, bei Alltagssituationenalle möglichen Ausgänge vorher gedanklich durchzuspielen, um auf mögliche Gefahren vorbereit zu sein. Diese Person würde sich zum Beispiel vor einem Schulausflug des Kindes viele

Inhaltsverzeichnis7
1Beschreibung des metakognitiven Behandlungsansatzes11
1.1Ziele und Fokus der metakognitiven Therapie11
1.2Begriffliche und konzeptuelle Vorläufer metakognitiver Störungsmodelle und Behandlungsansätze12
1.3Kernmerkmale des metakognitiven Ansatzes14
2 Das metakognitive Störungsmodell18
2.1Übergeordnetes Störungsmodell18
2.1.1Metakognitives Wissen19
2.1.2Metakognitive Regulation/Strategien19
2.2Das kognitive Aufmerksamkeitssyndrom als Kernannahme des metakognitiven Störungsmodells20
2.3Ein kognitionspsychologisches Modell psychischer Störungen: das S-REF-Modell21
2.4Formen repetitiver negativer Denkprozesse22
2.4.1Sorgen23
2.4.2Grübeln23
2.4.3Zwangsgedanken24
2.5Entwicklung und Erwerb von Metakognitionen25
2.6Exemplarische Ableitung störungsspezifischer Modellbeschreibungen26
2.6.1Generalisierte Angststörung26
2.6.2Depression29
2.6.3Zwangsstörung32
3Diagnostik dysfunktionaler metakognitiver Bewertungen und Regulationsstrategien36
3.1Die Fallkonzeption als diagnostisches Vorgehen zum Erfassen metakognitiver Annahmen36
3.1.1Die Fallkonzeption bei der Depression37
3.1.2Die Fallkonzeption bei der Generalisierten Angststörung39
3.1.3Die Fallkonzeption bei der Zwangsstörung41
3.2Erfassung von metakognitiven Überzeugungen durch Fragebögen43
4Behandlung45
4.1Darstellung der zentralen Therapieelemente45
4.1.1Erstellung eines individuellen Fallkonzeptes und Vertrautmachen mit dem Modell45
4.1.2Aufmerksamkeitstraining (Attention Training Technique, ATT)46
4.1.3Losgelöste Achtsamkeit (Detached Mindfulness)49
4.1.4Disputation metakognitiver Überzeugungen52
4.1.5Verhaltensexperimente53
4.1.6Refokussierung der situativen Aufmerksamkeit57
4.2Störungstypische Besonderheiten58
4.2.1Depression59
4.2.2Generalisierte Angststörung61
4.2.3Zwangsstörung64
4.2.4Alterstypische Besonderheiten67
5Effektivität und Prognose69
5.1Wirksamkeit der Aufmerksamkeitstrainingstechnik (ATT)69
5.1.1Aufmerksamkeitstraining als alleiniger Therapieansatz69
5.1.2Aufmerksamkeitstraining als Ergänzung anderer Therapieansätze70
5.2Wirksamkeit der metakognitiven Therapie bei verschiedenen Störungsbildern71
5.2.1Störungsübergeifende Wirksamkeit von MKT71
5.2.2Unipolare Depression72
5.2.3Generalisierte Angststörung73
5.2.4Zwangsstörung und Zwangsspektrumsstörungen74
5.2.5Soziale Phobie75
5.2.6Posttraumatische Belastungsstörung75
5.2.7Potenzielle Wirksamkeit bei weiteren Störungsbildern: Schizophrenie75
5.3Wirkungsmechanismen76
5.3.1Flexibilisierung der Aufmerksamkeitskontrolle76
5.3.2Reduktion von metakognitiven Annahmen über die Wichtigkeit von Gedanken und ihrer Kontrolle78
6Probleme bei der Durchführung79
6.1Motivation zur Anwendung der Verhaltensexperimente81
6.2Kombination von MKT und KVT81
7Fallbeispiele83
7.1Depression83
7.2Generalisierte Angststörung86
7.3Zwangsstörung88
8Weiterführende Literatur90
9Literatur90
10Kompetenzziele und Prüfungsfragen94
11Anhang96
Karten103