|3|Kapitel 1
Ausgangslage – Stress in modernen Arbeits- und Lebenswelten
Die Arbeitswelt befindet sich im Wandel. Dies ist nichts Neues. Kaum etwas ist so kontinuierlich wie Veränderungen (Kraiger, 2014). Beschäftigte sind in der Folge immer wieder mit neuen Anforderungen konfrontiert, die sie bewältigen müssen.
Gegenwärtig wird vor allem in derDigitalisierung eine zentrale Rolle als Treiber für Veränderungen gesehen. Begonnen hat die Digitalisierung bereits vor einigen Jahrzehnten. Seit der Jahrtausendwende übersteigen digitale Datenmengen wie Texte und Fotos auf Computern, Sticks und anderen Medien die analogen Datenmengen in Aktenschränken (Hilbert& López, 2011). Die Verbreitung von Smartphones ist im letzten Jahrzehnt gestiegen. Schätzungen gehen von 57 Millionen Smartphone-Nutzenden in Deutschland aus (Bitkom, 2018). In Kombination mit sozialen Medien wie Facebook oder Instagram und Instant Messengern wie WhatsApp oder Snapchat vernetzt das Smartphone Menschen weltweit zu jeder Zeit – vorausgesetzt es besteht eine Internetverbindung. Daten liegen dabei nicht mehr auf Festplatten, sondern in Clouds. So können verschiedene Personen von verschiedenen Endgeräten auf Daten zugreifen. Dies ermöglicht beispielsweise mobiles Arbeiten.
Vernetzt werden aber nicht nur Menschen. Mit dem BegriffIndustrie 4.0 wird die Vernetzung von Dingen, insbesondere Maschinen, durch Algorithmen angesprochen (siehe Kasten).
Industrie 4.0: Das Internet der Dinge
Der Begriff „Industrie 4.0“ ist ein von deutschen Wissenschaftlern geschaffener Kunstbegriff. Er beschreibt in Anlehnung an die vorangegangenen industriellen Revolutionen eine vierte industrielle Revolution. Die erste industrielle Revolution war durch die Erfindung der Dampfmaschine eingeleitet worden, durch die Entdeckung der Elektrizität und Serienproduktion erfuhr die industrielle Fertigung einen zweiten Aufschwung. Informations- und Kommunikationstechnologien haben dann nach dem zweiten Weltkrieg zunehmend für eine Automatisierung gesorgt. Auf dieser dritten industriellen Revolution baut Industrie 4.0 auf. Durch immer bessere und günstigere Speichermedien werden Maschinen mit Sensoren ausgestattet und können so miteinander kommunizieren. Dabei betrifft dies nicht nur die industrielle Produktion. Nahezu alle Wirtschaftsbereiche von der Landwirtschaft bis zum Dienstleistungssektor sind von den Entwicklungen, allen voran der Digitalisierung, betroffen (vgl.Kagermann, Wahlster& Helbig, 2013).
Weil die für die Industrie 4.0 typischen Merkmale nicht nur die industrielle Produktion, sondern auch andere Sektoren vom Handwerk, über Handel bis hin zur Landwirtschaft betreffen, ist häufiger die Sprache vonArbeit 4.0. Im Arbeitsalltag kommt die moderne Arbeitswelt oft durch die Nutzung von Smartphones und sozialen Medien zum Ausdruck, wie eingangs geschildert.
Doch wie verändert sich die Arbeit 4.0? In arbeitswissenschaftlichen Ansätzen wird oft das Zusammenspiel von Mensch, Technik und Organisation betrachtet. Es ist auch die Rede von soziotechnischen Systemen (Trist& Bamforth, 1951;Ulich, 2011). Nicht nur die Technik ist zu berücksichtigen, sondern auch organisationale Strukturen und Prozesse sowie der Faktor Mensch. Technik sowie Organisationsstrukturen und -prozesse stellen Anforderungen an die arbeitenden Menschen. Gleichzeitig bringen die Menschen Ressourcen mit, die erst den Einsatz von Technik sowie effiziente Prozesse ermöglichen. Die Digitalisierung wirkt sich auf den Menschen, die Technik und Organisation sowie insbesondere das|4|Zusammenspiel dieser Komponenten in Arbeitssystemen aus. Dadurch ergeben sich neue Qualitäten.
Zunächst ermöglicht die Digitalisierung eine technologische Veränderung. Dokumentationen werden etwa nicht mehr Paper-Pencil getätigt, sondern mit einer App. Diese technologische Veränderung wirkt sich auf Strukturen und Prozesse innerhalb der Organisation aus. Eine digitale Dokumentation führt beispielsweise dazu, dass Daten schnell nach einem Kundentermin eingegeben werden, statt erst am Abend im Büro. Die Daten sind dadurch in Echtzeit zugänglich und können zur Steuerung von Prozessen genutzt werden. Es ergeben sich ganz neue Möglichkeiten, die zu neuen Aufgaben und Tätigkeiten führen. Menschen benötigen für diese neuen Aufgaben zum Teil auch neue Kompetenzen: Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die ihnen helfen, diese Aufgaben erfolgreich zu bewältigen. Gleichzeitig werden Beschäftigte mit neuen Phänomenen konfrontiert. Dies ist beispielsweise die Mail, die noch am späten Abend im Postfach landet und dazu führen kann, dass der Einzelne sich fremdbestimmt fühlt.
Doch der Mensch ist keineswegs ausschließlich als passiver Akteur zu verstehen. Vielmehr gestalten Menschen die Nutzung von digitalen Technologien aktiv mit. Oft ergibt sich so ein Spannungsfeld aus Fremd- und Selbstbestimmung. Gerade bei dem Phänomen derständigen Erreichbarkeit (siehe Kasten) ist dies zu beobachten.
Ständige Erreichbarkeit: Eine Frage des Typs?
Die Digi