PROLOG
Die Sterne sind jetzt unerwünscht, löscht jeden aus davon,
Verhüllt den Mond und nieder reißt die Sonn’,
Fegt weg den Wald und auch des Meeres Flut,
Nie wird es sein, so wie es war – nie wieder gut.
W. H. Auden
„In zehn Minuten ruft der Premierminister an.“
Jack nickt nur flüchtig. Er scheint überhaupt nicht beeindruckt. Aber Jack Grant war schon immer eine Klasse für sich. Als investmentfreudiger Selfmade-Millionär mit sagenhaftem Sexappeal hat er keinen Respekt vor Autoritäten.
Es ist kaum zu glauben: Jack liegt nackt, wie Gott ihn geschaffen hat, in seinem Bett und verschwendet keinen Gedanken daran, dass er schon vor einer Stunde an seinem Schreibtisch hätte sitzen sollen. Ich genieße den Anblick seines muskulösen Rückens und stelle mir vor, wie es unter der Bettdecke weitergeht. Kann man’s mir verdenken, dass ich Lust auf ihn bekomme? Mir wird so heiß, dass ich mir am liebsten die Bluse vom Leib reißen möchte, vom lockenden Kitzeln zwischen meinen Schenkeln ganz zu schweigen …
„Worum geht’s denn?“
Seine Stimme klingt gedehnt, als er sich zu mir umdreht und mich mit seinen blitzenden grünen Augen aufmerksam mustert. Sein Akzent ist unverkennbar irisch. Er klingt wie Colin Farrell nach einer alkohol- und nikotinreichen Nacht: sonor, heiser und kehlig.
Genervt verdrehe ich die Augen. „Um die jüngste Folge vonEngland sucht den Superbäcker.“
Seit sechs Monaten sind wir in Verhandlungen über den Erwerb eines großen kommunalen Grundstücks. Die Verträge stehen kurz vor der Unterzeichnung, und wegen des großen Medieninteresses hat sich nun auch der Premierminister in die Angelegenheit eingemischt.
Er lacht. „Nun ja, jeder braucht schließlich ein gutes Rezept für Kuchen.“
„Sag bloß, du hast eins?“
„Aber sicher.“ Sein Grinsen ist ebenso charmant wie teuflisch.
Ich verstehe, wieso es ihm so leichtfällt, Frauen ins Bett zu kriegen.
„Neun Minuten!“, blaffe ich.
Das Grinsen wird breiter.
Mein Herz schlägt schneller. Ich versuche es zu ignorieren.Blödes Herz.
„Hast du schon den Flug nach Sydney gebucht?“
„Natürlich.“
Als er meinen ungehaltenen Tonfall wahrnimmt, hebt er eine Augenbraue. Wie um mich zu provozieren, rekelt er sich ungeniert im Bett, streckt die Arme über den Kopf und präsentiert mir seinen fantastischen Körper.
„Was ist mit Amber?“
Ich finde, dass man ein gewisses Maß an Kooperationsbereitschaft zeigen könnte, wenn der Premierminister anruft. Jack scheint anderer Meinung zu sein.
„Ist alles geregelt.“
Amber, Jacks Schwägerin, nimmt ein Sabbatical von ihrem Job als Bankmanagerin, um sich um das Start-up der Stiftung zu kümmern. Sie ist immens qualifiziert und – aus persönlichen Gründen, als Schwester von Jacks verstorbener Frau – ungemein motiviert.
„Die Gehaltsfrage ist geklärt. Sie wird wie besprochen in der Nähe von Edinburgh eingesetzt.“
Er nickt, macht aber keine Anstalten, sich zu bewegen.
„Im Ernst, Jack. Noch acht Minuten. Steh endlich auf!“
„Bist du heute Morgen mit dem falschen Fuß aufgestanden?“
Er fährt sich mit dem Finger über die Brust und lenkt meine Aufmerksamkeit auf sein wohlgeformtes Sixpack. Mein Mund ist staubtrocken.
„Nein.“
„Du bist noch schlechter gelaunt als sonst“, neckt er mich, und ich presse die Lippen zusammen.
Dabei hat er ja recht. Heute Morgen habe ichdie Einladung bekommen, die ich jedes Jahr erhalte und in der ich gebeten werde, an der Feier des Hochzeitstages meiner Eltern teilzunehmen.
Grauenvoll!
Einmal jährlich werde ich von meinen Eltern auf das familiäre Mutterschiff beordert, und mir wird meine Herkunft vor Augen geführt: Egal, was ich tue, beruflich oder privat, ich werde immer Gemma Picton sein.Lady Gemma Picton.
Entsetzlich!!
„Setz dich. Erzähl mir, was dir auf dem Herzen liegt.“
Auffordernd klopft er mit der flachen Hand auf die Matratze, und erneut verdrehe ich die Augen. Hoffentlich merkt er nicht, wie sehr ich in Versuchung gerate. Allein bei der Vorstellung, diesem elektrischen Knistern, das zwischen uns herrscht, nachzugeben … Doch Jack ist für mich absolut tabu – der Stoff, aus dem nur meine Träume sind.
„Nicht so wichtig.“
„Na komm schon …“
„Es ist wirklich nichts Besonderes. Etwas Privates“, antworte ich ausweichend.
Er zuckt nur die Schultern, aber in seinem Blick liegt Neugier. Neugier, vermischt mit Begehren. Lust. Verlangen.Gier.
Wir kennen unsere Grenzen und tun gut