1. KAPITEL
Wer ist Alex Carrington? Die Frage prangte als Schlagzeile auf fast allen Zeitungen, die an der Rezeption des luxuriösen London Carrington Spa Hotels auslagen.
Alex unterdrückte den Impuls, sie alle einzusammeln und in den Müll zu verfrachten. Da hatte sein Vater ihm wirklich eine schöne Erbschaft hinterlassen!
Seit Wochen war er Zielscheibe der wildesten Spekulationen seitens der Presse. Und das, obwohl er sein Leben lang fast gar keinen Kontakt zu James Carrington gehabt hatte. Der hatte es vorgezogen, durch die Weltgeschichte zu tingeln und sich mit unzähligen schönen Frauen ablichten zu lassen. An seinen Sohn Alex und dessen Mutter Luisa im fernen Portugal hatte er keinen Gedanken verschwendet.
Nun war James Carrington tot, und Alex sollte in seine Fußstapfen treten. Aber er dachte gar nicht daran, das Vermächtnis seines Vaters fortzusetzen. Als der Anwalt ihm bei der Testamentseröffnung einen Brief ausgehändigt hatte, in dem stand, James Carrington wisse sein Erbe bei seinem Sohn „in besten Händen“, hatte Alex bitter aufgelacht.
Alex besaß sein eigenes, florierendes Imperium aus gut aufeinander abgestimmten Unternehmen, das er von Lissabon aus leitete. Damit hatte er auch ohne die Hilfe seines Vaters schon mit sechsunddreißig Jahren ein ansehnliches Vermögen erwirtschaftet. Er wusste, dass man ihm einen untrüglichen Geschäftssinn nachsagte, denn er kaufte Firmen auf, die kurz vor dem Bankrott standen, fand ihre Schwachstellen und sanierte sie so weit, dass sie mehr Gewinn abwarfen als jemals zuvor.
Ein Unternehmen, das Alexandre Ferreira Carrington umstrukturiert hatte, befand sich anschließend in einem wirtschaftlich guten Zustand. Um dies zu erreichen, war er bereit, mitunter zu unkonventionellen Mitteln zu greifen, weshalb seine Geschäftsfreunde ihn für ein wenig sonderbar hielten. Aber das war Alex herzlich egal, denn das Ergebnis stimmte immer.
Das Überprüfen von Geschäftsunterlagen war seine Spezialität, und so hatte er sofort erkannt, dass mit den Büchern des London Carrington Spa Hotels etwas nicht stimmte. Obwohl in bester Lage an der berühmten Park Lane und nahezu ständig ausgebucht, schrieb es wesentlich schlechtere Zahlen als vergleichbare Häuser der Hotelgruppe in anderen europäischen Großstädten. Woran das lag, konnte er noch nicht sagen, doch genau deshalb war er jetzt hier.
„Willkommen im Carrington Spa. Wie kann ich Ihnen behilflich sein?“, begrüßte ihn eine freundliche Blondine Anfang zwanzig, die hinter der Rezeption stand.
Sie trug eine tadellos sitzende Hoteluniform und wirkte sehr souverän. Ein weiterer Pluspunkt auf seiner inneren Checkliste.
Überhaupt war der erste Eindruck überraschend positiv. Der Eingangsbereich hatte einen hellen, gepflegten Marmorfußboden. Die sandfarbenen Wände harmonierten mit den lässig arrangierten Sitzgelegenheiten aus hellem Leder. Alles wirkte elegant und hochwertig.
Auch die Hotelbar und der daran anschließende Restaurantbereich hatten ihn bei einem unauffälligen ersten Blick zufriedengestellt. Dort herrschten warme Rottöne vor, die einen angenehmen Kontrast zum eher kühlen Eingangsbereich erzeugten. Details aus Chrom am Mobiliar ließen auch diesen Bereich edel wirken. Das Personal machte durchgängig einen zuvorkommenden und kompetenten Eindruck, soweit er es auf die Schnelle beurteilen konnte.
Zumindest augenscheinlich schien die Hotelmanagerin hervorragende Arbeit zu leisten. Wenn nur die Zahlen in der Bilanz diese Arbeit widerspiegeln würden …
„Mein Name ist Alexandre Ferreira. Ich habe einen Termin mit der Hotelmanagerin. Würden Sie mich bitte zu ihr bringen? I