Mein planloser Plan
Eine wirklich gute Idee erkennt man daran, dass ihre Verwirklichung von vorneherein ausgeschlossen ist.
Albert Einstein
2015. Es ist April. Der Frühling explodiert gerade regelrecht und ich bin mit Philipp, einem sehr guten Freund, im Wald unterwegs. Wir wollen ein Survival-Wochenende machen, sprich, einfach mal ohne Essen in den Wald gehen und schauen, was wir an Essbarem finden können. Das sieht dann folgendermaßen aus: Wir schlafen zu zweit unter einem Regenponcho, laufen nach Kompass und Karte durch den Wald, suchen Wasser und haben drei Tage lang nur eins im Sinn: Essen.
Und so ernähren wir uns an jenem April-Wochenende von Buchenblättersalat, bis wir ihn nicht mehr sehen können. Ja, richtig, wir essen die Blätter vom Baum. Liebe Förster, verzeiht uns bitte diesen kleinen „Wildverbiss“. So ist das eben mit dem „Survival“.
Sonntags gelangen wir wieder an die Bundesstraße im Mittelrheintal, doch der Fußweg scheint unerreichbar zu sein. Wir müssten nämlich noch über tiefergelegte, eingezäunte Bahngleise kraxeln, um den Weg zu erreichen. Das ist uns jedoch zu umständlich. Deshalb schlage ich Philipp vor: „Lass uns doch einfach mal ausprobieren zu trampen! Vielleicht hält ja jemand an.“ Also strecken wir kurzerhand unsere Daumen raus und warten. Das erste Auto rauscht vorbei. Das zweite Auto auch. Und dann legt das dritte Auto plötzlich gekonnt eine Vollbremsung hin. Philipp schaut mich mit begeistertem Blick an. Ich schnappe mir den Rucksack. „Der kann nur für uns sein! Auf geht’s!“, rufe ich Philipp euphorisch zu. Wir steigen ein und freuen uns. „Wow! Das ging aber schnell!“, stelle ich fest und Philipp nickt. „Ich bin bei den Pfadfindern und bin früher selbst viel getrampt. Ich heiße übrigens Christian“, stellt sich unser Fahrer vor. „Was heißt denn viel getrampt?“, frage ich neugierig zurück. „Naja, zum Beispiel bin ich mal nach Dubai getrampt.“ Krass! Das ist aber weit. „Wie lange warst denn bis dahin unterwegs?“ Mich packt die Neugier. Ich will mehr wissen. Was genau ist das, dieses Trampen? Bis wohin kann man per Anhalter reisen? Wie genau geht das? Und klappt das immer geldfrei? Ich bin fasziniert.
Auf unserer gemeinsamen gerade mal 30 Kilometer langen Autofahrt erzählt Christian uns die eine oder andere Reiseanekdote aus dem Nahen Osten. So habe ihn zum Beispiel an einer Bushaltestelle mitten in der Nacht ein Scheich mitgenommen und ihm dann seine private Insel gezeigt. Dort sei er echten Einhörnern begegnet, erzählt er. „Das glaubt mir niemand!“, lacht Christian laut auf. Auch Philipp und ich schauen uns für einen Moment ungläubig an. Aber, wer weiß?! Und mir wird eins bewusst: Die Welt steckt voller wundersamer Rätsel. Kurz darauf wirft er uns in meiner Heimatstadt raus. „Danke dir! Gute Fahrt noch!“ Und schon sind wir wieder von unserem kleinen Abenteuerwochenende zurück in Mainz.
Zu dieser Zeit bin ich 17 Jahre alt und besuche die 11. Klasse. Im darauffolgenden Jahr will ich mein Abitur machen und dann bin ich praktisch frei. Ja, frei. Ungebunden. Kann machen, was ich will. Die ganze Welt steht mir offen. Und in meinem Kopf provoziert das genau eine große Frage: Was möchte ich eigentlich nach dem Abitur machen?
Mit jedem Monat, den das Abitur näher rückt, beschäftigt mich diese Frage mehr. Ich fange an, die Ideen in meinem Kopf zusammenzubasteln: Lacht mich nicht schon seit Jahren jenes fremde und ferne Südamerika an, das die Anden, tropischen Regenwald und herzliche Menschen beherbergen soll? Bin ich nicht jedes Mal beim Herumblättern im Atlas an eine