: Barbara Gründler
: Von seelischer Selbstvergiftung und Hasskonserven Das Ressentiment im Sprachspiel der Psychiatrie
: wbg Academic in der Verlag Herder GmbH
: 9783534401819
: 1
: CHF 27.00
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: Philosophie
: German
: 430
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Der Begriff Ressentiment hat in der Philosophie Friedrich Nietzsches eine herausragende Bedeutung und ist in neuester Zeit durch das Werk Peter Sloterdijks wieder in den Fokus des philosophischen Interesses geraten. Er bezeichnet einen schleichenden Prozess 'seelischer Selbstvergiftung' (Max Scheler), der die Entstehung von Rachewünschen, Missgunst und 'Hasskonserven' (Sloterdijk) begünstigt und den freien Lebensvollzug behindert. Die in diesem Buch vorgestellte Ressentimenttheorie eröffnet neue Perspektiven auf und für Helfer und Hilfesuchende im Bereich Psychiatrie und Psychotherapie, und führt dabei auf ungewöhnlichen Denkwegen zu unkonventionellen Einsichten. Als anthropologische Theorie versteht sie sich zudem als Einladung für Fachfremde, die im Sinne Nietzsches Mut zum Selbstexperiment mitbringen. Sie sensibilisiert für eigene Ressentiments und entwirft Möglichkeiten der Überwindung, die als praktische Anwendung von Nietzsches Lebensbejahungsphilosophie verstanden werden können.

Dr. phil. Barbara Gründler studierte Germanistik, Romanistik und Philosophie an der Université Lille III (Frankreich) und an der HfG Karlsruhe, und promovierte 2018 bei Peter Sloterdijk. Als Dipl.-Ergotherapeutin (FH), Fachberaterin für Psychotraumatologie und Praktische Philosophin arbeitet sie v.a. in den Bereichen Psychiatrie und Philosophie.

2. Genese und Phänomenologie des Ressentiments


2.1 Französische Wortgeschichte


Da es unmöglich ist, den aus dem Französischen stammenden BegriffRessentiment ins Deutsche zu übersetzen, wird er in seiner Ursprungsform verwendet. Er leitet sich von dem Verbressentir ab und trägt die Bedeutung eines „nachhaltigen und so auch nachwirkenden Empfindens“.1

Dem SubstantivRessentiment, das seit dem 16. Jahrhundert in der französischen Literatur nachgewiesen werden kann, kam längere Zeit eine inhaltlich neutrale Bedeutung zu. Molière verwendete den Begriff später sowohl mit der positiven Konnotation einer „dankbaren Zuneigung“,2 als auch mit der negativen Bedeutung einer „Empfindung des Beleidigten, der auf Rache sinnt“.3 Bei Michel de Montaigne überwog dann der eindeutige Negativakzent des Wortes, bei dem sich das nachhaltige und schmerzhafte Kränkungserleben mit einem Rachegedanken verbindet, der aufgrund von „Feigheit“4<