Auf der Straße ertönte ein lauter Peitschenschlag.
Lassiter schrak aus dem Schlaf. Er hob ein Augenlid, kniff das Auge aber gleich wieder zu. Ein Sonnenstrahl hatte den Weg ins Zimmer gefunden und blendete ihn.
Durch das halb geöffnete Fenster drangen Stimmen von Passanten, die Rufe von Kutschern, Hufgetrappel, das Knirschen von Wagenrädern, das Quietschen von Türangeln und das Geschrei des Zeitungsjungen – die vielstimmigen Töne auf der Mainstreet von Cheyenne Wells.
Lassiter kreuzte die Hände unter den Kopf und streckte seine Beine aus, sodass er mit den Fußballen das untere Ende des Bettes berührte. Er hörte seinen Magen knurren und freute sich auf das Frühstück. Das Hotel, in dem er logierte, verfügte über eine separate, gemütlich eingerichtete Frühstücksstube und eine ausgezeichnete Küche. Es hieß, der Koch habe früher in einem New Yorker Feinschmeckerlokal und später in der Kombüse auf einem Mississippi-Dampfer gearbeitet.
Heute Abend kam Lassiters Kontaktmann aus Topeka. Es ging um die geheimnisvolle Mordserie an Geschäftsmännern, die Colorado und Kansas derzeit in Atem hielt. Die Zentrale der Brigade Sieben hatte Lassiter nach Cheyenne Wells zitiert. Er sollte dem geheimnisvollen Sterben auf den Grund gehen. Der Mann aus Topeka hatte die Instruktionen aus Washington im Gepäck.
Lassiter merkte auf. Durch die Türritzen zog der Duft von frisch gemahlenem Kaffee. Schnuppernd reckte er die Nase in die Luft.
Da klopfte es an der Tür.
»Moment!« Er stand auf und zog rasch seine Hose an.
»Hier ist Josepha, das Zimmermädchen«, klang es vom Korridor herein. »Bitte entschuldigen Sie die Störung, Sir, aber da ist eine Dame, die mit Ihnen zu sprechen wünscht. Sie sagt, es ginge um Leben und Tod.«
Barfuß tappte Lassiter zur Tür und öffnete sie.
Das Zimmermädchen machte einen Knicks und lächelte. Sie war eine zierliche Mittelblonde mit französischem Zopf und sauberer Schürze. »Die Dame wartet an der Rezeption auf Sie«, erklärte sie.
»Hat sie ihren Namen genannt, diese Dame?«
»Ja, aber sie hat mir untersagt, ihn zu nennen.« Mit diesen Worten raffte das Mädchen die Röcke und eilte davon.
Nachdenklich schloss Lassiter die Tür. Jemand, der spitzgekriegt hatte, dass er sich im Ballard Hotel in Cheyenne Wells befand, wollte ihm auf die Bude rücken, morgens um halb acht und anonym. Seltsam. Sein Blick ging zum Revolvergürtel, der über der Stuhllehne hing.
Er schüttete Wasser in die Schüssel, griff nach der Seife und machte sich frisch. Nachdem er seine Zähne mit Natron geputzt hatte, spülte er seinen Mund aus und kleidete sich an. Bevor er das Zimmer verließ, schnallte er sein Holster um und überprüfte den Remington. Die Waffe war geladen und schussbereit.
Lassiter trat hinaus auf den Flur. Grün gemusterte Teppichläufer dämpften seine Schritte.
Aus der unteren Etage erklang das Klappern von Geschirr. Eine Tür ging auf und schloss sich wieder. Kaffeegeruch wehte durch die Halle.
Über die Galerie gelangte der Mann von der Brigade Sieben zum Treppenabsatz. Am Pfosten des Geländers blieb er stehen und hielt Umschau. Von hier oben hatte er einen guten Ausblick auf die Rezeption und den Eingangsbereich.
Außer dem Portier am Empfangspult befanden sich ein älteres Ehepaar und ein Mann mit schlohweißem Haar im Raum. Der Portier blätterte im Anmeldebuch. Das Ehepaar betrachtete die Ausstellungsstücke in der Vitrine neben der Tür, die ins kleine Restaurant führte. Der Weißkopf saß auf der Bank am Zeitungstisch und las die Colorado Newspaper.
Lassiter rieb nachdenklich sein frisch rasiertes Kinn. Nirgendwo eine Dame, die auf ihn wartete.
Ohne Eile stieg er die Treppe hinab.
Der Portier blickte auf, als Lassiter an das Pult trat. »Kann ich Ihnen helfen, Sir?«
»Das Zimmermädchen sagte, da wäre jemand, der mich sprechen will.«
»Ja, natürlich, Mr. Lassiter.« Der Portier deutete diskret auf die Seitentür. »Die Dame ist vor einer Minute in das kleine Restaurant gegangen.«
»War sie allein?«
»Ja, Sir.«
»Kennen Sie ihren Namen?«
Der Portier zögerte. »Ja. Ich musste ihr aber versprechen, den Mund zu halten«, sagte er dann.
Lassiter schü