Acht
Mama nahm nach der Beerdigung für ein paar Wochen von der Arbeit frei, aber danach musste sie wieder arbeiten gehen. Wir waren zu jung, um allein gelassen zu werden, und nicht gerade leicht zu hüten.
Wir wohnten an einer belebten Kreuzung, und meine Brüder und ich vertrieben uns die Langeweile damit, für die vorbeifahrenden Autofahrer einen Sketch aufzuführen. Ich stand auf dem Dach unseres Hauses mit Pfeil und Bogen und zielte auf meinen Bruder Gary, der auf dem Gehweg stand. Gary hatte sich ein Stück Styropor vor die Brust geschnallt, es mit einem ketchupverschmierten T-Shirt bedeckt und einen Pfeil durch sein Hemd in das Styropor gesteckt. Er stand mit dem Rücken zur Straße. Wenn Autos vorbeikamen, hob er eine Hand und flehte: „Nein, bitte, nein! Nicht schießen!“ Ich schoss den Pfeil ab. Es verschwand im Gras zwischen seinen Füßen und verfehlte manchmal seinen Schritt um nur etwa fünfzehn Zentimeter. Gary schrie und ließ sich rückwärts fallen, mit einem blutigen Pfeil, der aus seinem Herzen ragte.
Die Leute stiegen auf ihre Bremsen. Einmal verschüttete eine Frau eine Cola über ihre Mitfahrer.
Einige sprangen aus dem Wagen, um zu helfen.
In dem Moment rannten wir weg.
Die erste Haushälterin, die Mama eingestellt hatte, ist nach ein paar Wochen gegangen. Die nächste ebenso. Und die nach ihr ging schon nach einem Tag.
Mamas Vater hatte zu Papas Lebzeiten nie Hand an mich gelegt, aber jetzt übernahm er meine Bestrafung und verabreichte mir auf Wunsch meiner Mutter eine Tracht Prügel.
Mit fünfundfünfzig Jahren waren aus Poppas Wangen bereits Hängebacken geworden. Sein schwarzes Haar war ausgedünnt, bis auf ein paar Strähnen mitten auf seinem Kopf, aber es bedeckte noch immer seinen Nacken und seine Schultern. Manchmal verlangte er von mir, ihn zu massieren, wobei ich gezwungen war, mit meinen Fingern durch diese verschwitzte Matte aus Haar und fettiger Haut zu kraulen. Nonnie behauptete, er habe einst gut ausgesehen, aber in meinen Augen war er immer hässlich gewesen.
Sein Name war Ralph Barley sen. Er arbeitete als Drucker für die ZeitungFort Worth Star-Telegram.
Wenn er betrunken war, sprach er in Gegenwart von Nonnie über seine Frauengeschichten. Sie ignorierte es und beklagte sich auch nicht über seine Verluste beim Glücksspiel, außer dass sie sagte, er würde einmal an einem Pokertisch sterben. Aber ganz gleich, wie sehr er es versuchte: Poppa konnte Nonnie von ihrer Zuneigung zu mir nicht abbringen.
Deshalb hasste er mich umso mehr.
Nachdem Papa gestorben war, ließ Mama uns öfter bei Poppa und Nonnie. Abends zog sich Poppa bis auf Unterhemd und Boxershorts aus und setzte sich auf seinen Thron – einen roten Schaukelstuhl aus Vinyl, der in einer Ecke seines Schlafzimmers stand. Graues Polstermaterial quoll aus seiner aufgerissenen Sitzfläche. In der anderen Ecke lief der Fernsehapparat. Bis er schlafen ging, rauchte er Raleigh-Zigaretten. Während er die Andy Griffith- oder die Ed Sullivan-Show schaute, tönten Poppas Blähungen so anhalt