: Karina Kriegesmann
: Feindbild Fremde Xenophobie als mediale Praxis in Brasilien (1917-1930)
: Campus Verlag
: 9783593443904
: Eigene und Fremde Welten
: 1
: CHF 41.60
:
: 20. Jahrhundert (bis 1945)
: German
: 353
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: PDF
Ängste vor »unerwünschten Fremden« zu erzeugen und Gefahrenszenarien der Immigration zu verbreiten, ist nicht nur ein Phänomen der Gegenwart - dies hat eine lange Geschichte. Karina Kriegesmann beschäftigt sich erstmals mit dem Schüren fremdenfeindlicher Ressentiments in Brasilien in den Jahren zwischen dem Ersten Weltkrieg und der Weltwirtschaftskrise. Sie zeigt am Beispiel dieses südamerikanischen Einwanderungslandes auf, wie Wahrnehmungen von Mobilität, Diversität und einer enger zusammenwachsenden Welt mit der vor allem durch die Presse propagierten Xenophobie und mit Abschottung einhergingen.

Karina Kriegesmann ist wiss. Mitarbeiterin in der Abteilung Geschichte Lateinamerikas der Freien Universität Berlin.
Einleitung »Vor 1914 hatte die Erde allen Menschen gehört. Jeder ging, wohin er wollte und blieb, solange er wollte. [...] Es gab keine Permits, keine Visen, keine Belästigungen; dieselben Grenzen, die heute von Zollbeamten, Polizei, Gendarmerieposten dank des pathologischen Mißtrauens aller gegen alle in einen Drahtverhau verwandelt sind, bedeuteten nichts als symbolische Linien [...]. Erst nach dem Kriege begann die Weltverstörung durch den Nationalismus, und als erstes sichtbares Phänomen zeitigte diese geistige Epidemie unseres Jahrhunderts die Xenophobie: den Fremdenhaß oder zumindest die Fremdenangst.« Diese Worte wählte der österreichische Schriftsteller Stefan Zweig in seiner Autobiographie Die Welt von Gestern, die er kurz vor seinem Freitod 1942 im Exil in Brasilien vollendete. Zweig rief wehmütig eine Zeit scheinbar grenzenloser Mobilität und Harmonie zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Erinnerung. Angesichts des Aufkommens von krankhafter Xenophobie und der »Erzpest« des Nationalismus schien er nun seine kosmopolitischen Vorstellungen begraben zu haben. Er erkannte, dass die Angst vor Fremden vielerorts ein beunruhigendes Ausmaß angenommen hatte. Barrieren und Exklusionsmaßnahmen gegenüber unwillkommenen Ausländern stellten spätestens in den 1930er- und 1940er-Jahren eher die Regel als die Ausnahme dar. Xenophobie war jedoch kein selbstverständliches Resultat des Ersten Weltkrieges. Ihre Entstehung muss erklärt werden. Woher kamen das Misstrauen und der Hass? Wer schürte die Ressentiments? Die Angst vor Fremden entsteht nicht im luftleeren Raum. Die Vermittlung von Xenophobie, so wird dieses Buch zeigen, ist an das Handeln von Akteuren, Kommunikationsmedien sowie an konkrete Kontexte gebunden. Nicht ohne Grund stellte der Chronist Domingos Ribeiro Filho 1927 in der in Rio de Janeiro veröffentlichten Zeitschrift A Careta verschiedene Formen der Fremdenangst heraus. Er ging auf die »offizielle«, »akademische« und auch die »journalistische« Xenophobie in Brasilien ein. Dass Medien heute mit Ängsten spielen und diese gezielt schüren, ist hinlänglich bekannt, wie die Debatten um Migration und Asyl veranschaulichen. Dabei handelt es sich keinesfalls um eine Entwicklung, die ausschließlich in der Gegenwart zu beobachten oder lediglich auf die neuen Medien zurückzuführen ist. Sie hat vielmehr eine lange Geschichte, die vonseiten der Wissenschaft gerade in Regionen außerhalb Europas und Nordamerikas bi