: Paul Gallico
: Mrs. Harris reist nach New York Vom Autor des Bestsellers 'Mrs. Harris und ein Kleid von Dior' - Roman
: Aufbau Verlag
: 9783841216908
: Die Abenteuer von Mrs. Harris
: 1
: CHF 3.50
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 120
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

Die Abenteuer von Ada Harris gehen weiter.

Auch mit ihren sechzig Jahren scheut die Raumpflegerin Ada Harris kein Abenteuer und so setzt sie es sich zum Ziel den verschollenen Vater des kleinen Henry zu suchen, der unglücklich bei Pflegeeltern lebt. Kurzerhand schmuggelt sie den Steppke an Bord des Kreuzfahrtschiffes und begibt sich mit ihm auf eine abenteuerliche Schiffsreise nach New York. Inmitten des Großstadttrubels suchen die beiden nach seinem Vater, der leider auf den Allerweltsnamen George Brown hört. Doch als sie ihn endlich finden, zerplatzen alle Träume wie Seifenblasen ...



Paul Gallico wurde in New York als Sohn der österreichischen Violinistin Hortense Erlich und des italienischen Komponisten, Musiklehrers und Pianisten Paolo Gallico geboren, die 1895 in die Neue Welt ausgewandert waren. 1916 begann Gallico ein Studium an der Columbia University, das er 1921 mit dem akademischen Grad eines Bachelor of Science abschloss. Danach arbeitete er als Sportjournalist bei den New York Daily News, wo er ab 1923 auch eine eigene Kolumne hatte.

In den 30er Jahren wandte er sich zunehmend vom Sport ab und verfasste Kurzgeschichten, von denen viele in der Saturday Evening Post erschienen. Viele seiner Erzählungen und Romane wurden später für Kino und TV verfilmt.

Paul Gallico war viermal verheiratet und hinterließ mehrere Kinder. Er starb am 15. Juli 1976 in Antibes im Alter von 78 Jahren.

1


Mrs. Ada Harris und Mrs. Violet Butterfield, Willis Gardens Nr. 5 und 7, Battersea, London, tranken ihre abendliche Tasse Tee in Mrs. Harris’ sauberer, mit Blumen geschmückter kleiner Wohnung im Kellergeschoss von Nr. 5.

Mrs. Harris war eine jener tatkräftigen Londoner Reinemachefrauen, die täglich ausziehen, um die größte Stadt in der Welt aufzuräumen, und ihre alte Busenfreundin, Mrs. Butterfield, arbeitete stundenweise als Köchin und Zugehfrau. Beide hatten eine vornehme Kundschaft in Belgravia, wo sie den Tag über allerlei erlebten und hier und dort kleine Brocken Klatsches von den komischen Leuten auflasen, bei denen sie arbeiteten. Und abends tauschten sie bei einer letzten Tasse Tee diese Neuigkeiten aus.

Mrs. Harris war sechzig, klein und zierlich, mit roten Apfelbäckchen und beinahe frechen kleinen Augen. Sie war sehr tüchtig und praktisch, neigte aber dennoch zu Romantik und Optimismus und sah das Leben schwarz oder weiß. Mrs. Butterfield, ebenfalls sechzig, eine rundliche, freundliche, schüchterne Frau dagegen war ein Pessimist, wie er im Buche steht, der alle Menschen und auch sich selbst beständig am Rande eines drohenden Unglücks sieht.

Die beiden guten Damen waren schon lange Witwen. Mrs. Butterfield hatte zwei verheiratete Söhne, die sie beide nicht unterstützten, was sie auch gar nicht überraschte. Es hätte sie erstaunt, wenn sie es getan hätten. Mrs. Harris hatte eine verheiratete Tochter, die in Nottingham lebte und ihr jeden Donnerstagabend schrieb.

Die beiden Frauen führten ein nützliches, tätiges und interessantes Leben, stützten einander äußerlich und innerlich und trösteten sich gegenseitig in ihrer Einsamkeit. Mrs. Butterfield war es gewesen, die vor etwa einem Jahr für eine Zeit Mrs. Harris’ Kundschaft übernommen und ihr dadurch den aufregenden und romantischen Flug nach Paris ermöglicht hatte, den sie nur unternahm, um ein Kleid von Dior zu kaufen. Diese Trophäe hing jetzt in Mrs. Harris’ Schrank als tägliche Erinnerung daran, wie wunderbar und abenteuerlich das Leben sein kann, wenn man es mit etwas Energie, Beharrlichkeit und Phantasie dazu macht.

Die beiden Frauen saßen behaglich beim Schein der Lampe in Mrs. Harris’ blitzsauberer Wohnung, mit der heißen, duftenden Kanne Tee unter der geblümten Haube vor sich, die Mrs. Butterfield für Mrs. Harris zu Weihnachten gestrickt hatte, und plauderten über die Ereignisse des Tages.

Das Radio war angestellt, und eine Reihe schauerlicher Laute kam heraus. Es war eine Schallplatte von Kentucky Claiborne, einem echten amerikanischen Hillbilly-Sänger.

»Und so sagte ich zu der Gräfin: ›Entweder ein neuer Hoover, oder ich gehe‹«, erzählte Mrs. Harris. »›Das Ding taugt nichts mehr.‹ – ›Liebe Mrs. Harris‹, sagte sie, ›können wir das nicht auf nächstes Jahr vertagen?‹ Das könnte ihr so passen. Jedesmal, wenn ich das elende Ding anfasse, bekomme ich einen Schlag bis in die Zehen hinunter. Ich stellte ihr ein Ultimatum: ›Wenn morgen früh kein neuer Hoover hier ist, dann werfe ich die Schlüssel durch die Tür‹«, schloss Mrs. Harris. Die Wohnungsschlüssel durch den Briefkast