: Jules March
: WILD. - Sowas wie ein Krimi England-Krimi
: Zeilenfluss
: 9783967140316
: 1
: CHF 5.70
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 533
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Manche Menschen liebt man oder hasst man - auf June trifft beides gleichzeitig zu. June Mayberry ist in einer beschissenen Lage: Ihre aus einer Alkohollaune heraus gegründete Detektei kommt nicht richtig in Schwung, zu ihrem pubertierenden Sohn, den sie nur einmal die Woche sieht, fehlt ihr jeder Zugang, und mit der verschwundenen Lehrerin, mit deren Suche sie beauftragt wird, war sie wenige Wochen zuvor noch im Bett. ... und hier fangen ihre Probleme erst an, denn June ist ebenso brillant wie unangepasst, selbstzerstörerisch wie charismatisch. Diese explosive Kombination kann der Schlüssel dazu sein, den Fall zu lösen - wenn sie June nicht vorher überwältigt.

 

 

01 | LEONA


Der Percy Circus im Norden von Londons Viertel Clerkenwell war kein guter Ort, wenn man zu viel getrunken hatte. Die kreisrunde Straße, die für die britische Hauptstadt typisch einen kleinen, von einem schwarzen, eisernen Zaun umsäumten Grünbereich einfasste, schien in alle Richtungen eine Steigung zu haben. Zumindest kam es June Mayberry so vor, als sie sich noch immer schwankend auf den Weg nach Hause machte. Über die King’s Cross und Farringdon Road wäre es nur ein Fußmarsch von fünfzehn Minuten gewesen, doch der Londoner Verkehr war auch jetzt, mitten in der Nacht, kaum weniger aktiv als am Tag, und June konnte den Lärm der Hauptstraßen beim besten Willen nicht ertragen.

Die Kopfschmerzen hatten eingesetzt, noch bevor sie aufgestanden war. Wäre sie zu Hause in ihrem Bett gewesen, sie hätte ihren körperlichen Zustand ignoriert und bis zum nächsten Abend durchgeschlafen, doch das war in dieser Nacht in mehrerlei Hinsicht keine Option.

Es war schon nach halb fünf am frühen Morgen, als June in einem völlig zerwühlten Hotelbett aufgewacht war. Die Tatsache, dass es nicht ihr eigenes Zimmer war und ein fremder Arm auf ihrem Rücken lag, war dabei nicht der schockierendste Aspekt, denn dieses Erlebnis hatte June beileibe nicht zum ersten Mal. Doch der Umstand, dass sie sich im ersten Moment an gar nichts seit dem Vorabend erinnern konnte, alarmierte sie.

Sie legte den schmalen, fremden Arm zur Seite und stellte erleichtert fest, dass das tiefe, gleichmäßige Atmen in der Dunkelheit neben ihr dadurch nicht gestört wurde. Im Licht, das durch einen Spalt zwischen den zugezogenen Vorhängen fiel, sammelte sie mühsam ihre Klamotten zusammen, die vor dem Bett auf dem Boden lagen, in einem Durcheinander mit Kleidern, die definitiv nicht ihre waren.

Sie machte ein paar vorsichtige Schritte zur Tür des kleinen Badezimmers und kämpfte dabei gegen die horizontale und vertikale Orientierungslosigkeit an, die das überwältigende Schwindelgefühl in ihrem Kopf auslöste. Im Bad angekommen, knipste sie das Licht an und zog die Tür hinter sich zu. Wankend stand sie vor dem Spiegel und betrachtete sich, während das Pochen in ihren Schläfen die Sekunden runterzählte, bis ihr Gehirn schließlich feststellte, dass es ihren Gleichgewichtssinn beim besten Willen nicht mit dem Bild vor ihren Augen in Einklang bringen konnte. June spürte das Unausweichliche.

Der Klodeckel war oben, und das war ein Glück, denn ihr Körper ließ ihr kaum Zeit zur Reaktion. June fiel auf die Knie und warf den Kopf nach vorne, während sie sich schmerzhaft übergab. Ihr Herz raste, als sie Augenblicke später gegen die nachhallenden Magenkrämpfe ankämpfte. Sie fluchte innerlich, als sie ihre völlig durchwühlte Masse an Haaren sah, die rund um ihr Gesicht im Porzellan hing.

Dies, dachte June,ist dann wohl ein