: Madeline Miller
: Das Lied des Achill Mythos Achill neu erzählt. Von der Autorin des Bestsellers 'Circe'
: Eisele eBooks
: 9783961610907
: 1
: CHF 13.50
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: Erzählende Literatur
: German
: 416
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Der Mythos Achill - Modern und fesselnd neu erzählt Das TikTok-Phänomen NEW-YORK-TIMES-BESTSELLER Achill, Sohn der Meeresgöttin Thetis und des König Peleus, ist stark, anmutig und schön - niemand, dem er begegnet, kann seinem Zauber widerstehen. Patroklos ist ein unbeholfener junger Prinz, der nach einem schockierenden Akt der Gewalt aus seinem Heimatland verbannt wurde.  Ein Zufall führt die beiden schon als Kinder zusammen, und je mehr Zeit sie gemeinsam verbringen, desto enger wird das Band zwischen ihnen. Nach ihrer Ausbildung in der Kriegs- und Heilkunst durch den Zentauren Chiron erfahren sie vom Raub der Helena.  Alle Helden Griechenlands sind aufgerufen, gegen Troja in den Kampf zu ziehen, um die griechische Königin zurückzuerobern. Mit dem einzigen Ziel, ein ruhmreicher Krieger zu werden, nimmt Achill am Feldzug gegen die befestigte Stadt teil. Getrieben aus Sorge um seinen Freund, weicht Patroklos ihm nicht von der Seite. Noch ahnen beide nicht, dass das Schicksal ihre Liebe herausfordern und ihnen ein schreckliches Opfer abverlangen wird. VON DER AUTORIN DES BESTSELLERS 'CIRCE' AUSGEZEICHNET MIT DEM ORANGE PRIZE FOR FICTION

Madeline Miller studierte Altphilologie an der Brown University in Providence, USA, und Dramaturgie an der Yale School of Drama, wo sie sich auf die moderne Adaption klassischer Texte spezialisierte. Später unterrichtete sie in Cambridge Latein und Griechisch. Für ihren Debütroman Das Lied des Achill wurde sie 2012 mit dem Orange Prize for Fiction ausgezeichnet, er schaffte es zudem auf Platz 1 der New-York-Times-Bestsellerlist . Auch ihr zweiter Roman Ich bin Circe avancierte zum New York Times Bestseller und stand auf der Shortlist des Women's Prize for Fiction. Millers dritte literarische Reise in die Welt der griechischen Mythologie war Galatea, ihre Neuerzählung des Pygmalion-Mythos. Ihre Bücher wurden in über 30 Sprachen übersetzt.

ZWEITES KAPITEL

DER KÖNIG RIEF MICH zu sich. Ich weiß noch, wie sehr ich den weiten Weg durch den riesigen Thronsaal hasste. Vor dem Thron angekommen, kniete ich auf den Steinen nieder. Manche Könige hatten Teppiche ausgelegt, damit die Sendboten, die oft mit ausführlichen Nachrichten aufwarteten, ihre Knie schonen konnten. Mein Vater verzichtete darauf.

»Die Tochter von König Tyndareos ist endlich bereit zu heiraten«, sagte er.

Ich kannte den Namen. Tyndareos war König von Sparta und besaß große Gebiete im Süden, fruchtbares Land von der Beschaffenheit, wie sie mein Vater durchaus begehrte. Ich hatte auch von seiner Tochter gehört, der schönsten Frau weit und breit, wie es hieß. Von ihrer Mutter Leda erzählte man sich, dass sie von Zeus, dem Götterkönig, in Gestalt eines Schwans überwältigt worden sei. Neun Monate später brachte sie zwei Zwillingspaare zur Welt: Klytämnestra und Kastor, die Kinder ihres sterblichen Gatten, sowie Helena und Polydeukes, die strahlenden Nachkommen des Schwanengottes. Da die Götter aber bekanntlich schlechte Eltern waren, erwartete man, dass sich Tyndareos ihrer aller annahm.

Die Nachricht meines Vaters ließ mich ungerührt. Solche Dinge bedeuteten mir nichts.

Mein Vater räusperte sich, was im stillen Saal überraschend laut klang. »Es wäre für uns gut, sie in der Familie zu haben. Du wirst losziehen und um sie werben.« Wir waren allein, und so hörte nur er mein unwilliges Schnauben. Ich hütete mich jedoch, mein Unbehagen offen auszusprechen. Mein Vater wusste natürlich, was mir als Einwand auf der Zunge lag, nämlich dass ich erst neun war, wenig ansehnlich, ohne große Aussichten und uninteressant.

Am nächsten Morgen brachen wir schwer beladen mit Geschenken und Wegzehrung auf. Soldaten in prächtiger Rüstung begleiteten uns. An die Reise erinnere ich mich kaum. Wir zogen über Land und durch Gegenden, die keinen bleibenden Eindruck auf mich hinterließen. An der Spitze des Zuges diktierte mein Vater neue Befehle, und seine Boten ritten in alle Richtungen davon. Ich blickte auf meine Zügel und polierte das Leder mit dem Daumen. Ich kam mir verloren vor und verstand nicht, was mein Vater vorhatte. Mein Esel schwankte, und ich schwankte mit ihm, froh über jede Ablenkung.

Wir waren nicht die einzigen Bewerber, die an Tyndareos’ Hof erschienen. In den Ställen drängten sich Pferde und Esel, zwischen ihnen Sklaven, die sich um die Tiere kümmerten. Mein Vater schien ungehalten über das Protokoll zu sein. Er fuhr immer wieder mit der Hand über den Kaminsims in unserer Kammer und runzelte die Stirn. Ich hatte von zu Hause ein Spielzeug mitgebracht, ein kleines Ross mit beweglichen Beinen. Ich hob mal den einen, mal den anderen Huf und stellte mir vor, auf solch einem Pferd hergeritten zu sein, statt auf einem Esel. Die Tage vergingen, und wir aßen in unserer Kammer. Ein Soldat hatte Mitleid und lieh mir seine Würfel, die ich so oft über den Steinboden rollen ließ, bis mir irgendwann alle Sechse auf einen Wurf gelangen.

Endlich kam der Tag, an dem mich mein Vater baden und kämmen ließ. Doch die Tunika, die ich anzog, gefiel ihm nicht, und ich musste mich umkleiden. Ich gehorchte, obwohl ich keinen Unterschied sah zwischen dem gold-violetten und dem mit Goldfäden durchwirkten purpurnen Gewand. Weder das eine noch das andere bedeckte meine knochigen Knie. Mein Vater sah mächtig und streng aus mit seinem schwarzen Bart. Das Geschenk für Tyndareos stand bereit, eine goldene Schale, in die die Geschichte der Prinzessin Danaë eingeprägt war. Zeus hatte sich in einen Goldregen verwandelt und sie verführt, worauf sie Perseus gebar, den Bezwinger der Gorgone Medusa und nach Herakles unser zweitgrößter Held. Mein Vater gab mir die Schale. »Mach uns keine Schande«, sagte er.

Schon von weitem war der Lärm zu hören, der aus dem großen Saal schallte. Zahllose Stimmen und das Klirren von Kelchen und Rüstzeug hallten von den Wänden wider. Um den Lärm zu dämpfen, hatten die Sklaven die Fenster geöffnet und den Raum mit kostbaren Wandteppichen ausgekleidet. Ich ha