: Cixin Liu
: Kugelblitz Roman
: Heyne
: 9783641245320
: 1
: CHF 10.30
:
: Science Fiction
: German
: 544
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
An seinem vierzehnten Geburtstag muss der junge Chen miterleben, wie seine Eltern vor seinen Augen getötet werden. Ein mehrere Tausend Grad heißer Feuerball fährt in das alte Haus und verwandelt alles in Asche - ein Kugelblitz. Fortan hat Chen nur noch ein Ziel im Leben: Er will diesem rätselhaften Naturphänomen auf den Grund gehen und es erforschen. Der Weg dorthin führt ihn weit weg von seiner Heimat in der Provinz, über sturmgepeitschte Gebirge bis tief hinab in die Geheimlabore des Verteidigungsministeriums. Dort macht Chen schließlich eine atemberaubende Entdeckung, die ihn an die Grenzen der Physik führt und ihn vor eine Entscheidung stellt: Wem gilt seine Loyalität - seiner Obsession mit Kugelblitzen, seinen Auftraggebern im Ministerium oder allein der Wissenschaft?

Cixin Liu ist der erfolgreichste chinesische Science-Fiction-Autor. Er hat lange Zeit als Ingenieur in einem Kraftwerk gearbeitet, bevor er sich ganz seiner Schriftstellerkarriere widmen konnte. Seine Romane und Erzählungen wurden bereits viele Male mit dem Galaxy Award prämiert. Cixin Lius Roman »Die drei Sonnen« wurde 2015 als erster chinesischer Roman überhaupt mit dem Hugo Award ausgezeichnet und wird international als ein Meilenstein der Science-Fiction gefeiert. Zusammen mit den beiden Folgebänden »Der dunkle Wald« und »Jenseits der Zeit« wurde die Trisolaris-Trilogie als TV-Serie3 Body Problemfür Netflix verfilmt.

Seltsame Phänomene I

In den Sommerferien nach meinem zweiten Studienjahr fuhr ich in meine Heimatstadt. Ich wollte die alte Wohnung meiner Eltern vermieten, um mein weiteres Studium zu finanzieren.

Als ich zu Hause ankam, war es bereits dunkel. Ich tastete nach dem Schloss, und als ich die Tür aufgestoßen und das Licht eingeschaltet hatte, erwartete mich der vertraute Anblick. Der Tisch, auf dem in jener Gewitternacht mein Geburtstagskuchen gestanden hatte, nahm noch immer die Mitte des Wohnzimmers ein, und rings um ihn standen noch immer die drei Stühle, auf denen wir damals gesessen hatten. Es war, als wäre ich erst gestern fortgegangen.

Erschöpft ließ ich mich auf das Sofa fallen und musterte mein altes Zuhause. Irgendetwas stimmte nicht. Anfangs war es nur ein vages Gefühl, das jedoch immer schärfer hervortrat, wie ein verborgenes Riff, das man auf einer Fahrt durch den Nebel zuerst nur erahnt. Endlich, als das Gefühl überdeutlich wurde, erkannte ich seine Quelle:

Es war, als wäre ich erst gestern fortgegangen.

Ich nahm die Tischfläche genauer in Augenschein: Sie war nur von einer dünnen Staubschicht bedeckt – allzu dünn, gemessen daran, dass ich vor zwei Jahren ausgezogen war.

Ich ging ins Badezimmer, um mir den Schweiß und den Staub vom Gesicht zu waschen. Als ich das Licht einschaltete, erblickte ich mich selbst klar und deutlich im Spiegel – allzu klar. Der Spiegel hätte nicht so sauber sein sollen. Ich erinnerte mich noch gut daran, wie ich als Grundschüler einmal mit meinen Eltern in den Sommerurlaub gefahren war: Wir waren nur eine Woche fort gewesen, doch als wir zurückkamen, konnte ich mit dem Finger ein Strichmännchen in den Staub auf dem Spiegel zeichnen. Nun jedoch hinterließ mein Finger auf dem Glas keine Spuren.

Ich drehte den Wasserhahn auf. Nach zwei Jahren hätte das Wasser rostbraun sein sollen, doch es war kristallklar.

Nachdem ich mir das Gesicht gewaschen und ins Wohnzimmer zurückgekehrt war, fiel mir ein weiteres Detail auf: Als ich mich vor zwei Jahren angeschickt hatte, das Haus zu verlassen, hatte ich mich an der Türschwelle noch einmal rasch umgeblickt, um auch ja nichts zu vergessen, und dabei war mein Blick auf ein Glas gefallen, das auf dem Tisch stand. Im ersten Moment wollte ich noch mal zurückgehen, um das Glas umzudrehen, damit es nicht einstaubte, doch weil mir das Gepäck so schwer auf der Schulter lastete, verwarf ich den Gedanken wieder. Ich erinnerte mich noch ganz deutlich an dieses Detail.

Nun jedoch stand ebendieses Glas umgedreht auf dem Tisch!

In diesem Moment kamen die Nachbarn, die Licht bei mir gesehen hatten, an die Tür. Sie hatten manche warmen Worte für mich übrig, wie sie ein verwaister Student erwarten kann, und versprachen mir, sich für mich um die Vermietung der Wohnung zu kümmern. Für den Fall, dass ich nach meinem Abschluss nicht mehr nach Hause kommen sollte, boten sie mir auch ihre Hilfe dabei an, die Wohnung zu einem guten Preis zu verkaufen.

»Anscheinend ist es hier in der Umgebung viel sauberer geworden, seit ich weggegangen bin«, bemerkte ich beiläufig.

»Sauberer? Du musst wohl mal zum Augenarzt! Seit das neue Stromkraftwerk drüben bei der Brauerei letztes Jahr in Betrieb gegangen ist, ist doppelt so viel Staub in der Luft! Wo findet man heutzutage schon noch einen Ort, an dem es sauberer wird?«

Ich blickte auf die hauchfeine Staubschicht auf de