: Elizabeth Rolls
: Wintermärchen für Miss Polly
: Cora Verlag
: 9783733728359
: Digital Edition
: 1
: CHF 1.80
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 130
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

Poll fühlt sich wie Aschenbrödel mit ihrem Prinzen, als Reverend Alex Martindale sie unter dem Mistelzweig zärtlich in die Arme nimmt und küsst. Wird für die mittellose junge Lehrerin etwa doch ein Märchen wahr?



Elizabeth Rolls, Tochter eines Diplomaten, wurde zwar in England geboren, kam aber schon im zarten Alter von 15 Monaten in die australische Heimat ihrer Eltern. In ihrer Jugend, die sie überwiegend in Melbourne verbrachte, interessierte sie sich in erster Linie für Tiere - Hunde, Katzen und Pferde - las viel und schrieb kleine Geschichten. Mit 14 trat sie in den Schulchor ein und entdeckte ihre Leidenschaft für Musik. Sie nahm Klavier- und Gesangsstunden und studierte schließlich Musikwissenschaft an der Universität von Melbourne, um anschließend als Musiklehrerin zu arbeiten. Zwischenzeitlich heiratete sie den Nuklearphysiker Paul, bekam zwei Söhne - und entdeckte ihre Lust am Schreiben neu. Angeregt von ihrer Freundin Meg, verfasste sie ihren ersten historischen Liebesroman, der einen englischen Verleger fand: Mills& Boon. Elizabeth war überglücklich und schwebte wie auf Wolken. Nun verbringt sie ihre gesamte Freizeit damit, weitere Romane zu verfassen. Sie entspannt sich am liebsten bei einer guten Tasse Tee - nicht aus dem Beutel, sondern in einer kleinen Zeremonie auf die traditionelle englische Art zubereitet.

1. KAPITEL

Reverend Alex Martindale blickte auf das unschuldige Baby in seinen Armen herab und wappnete sich für den unvermeidbaren Sturm. Das Gesicht rot, die Augen zugekniffen, weil sie einige Tropfen des heiligen Wassers abbekommen hatten, brachte der Ehrenwerte Philip Martindale – Erbe beträchtlicher Güter und, was sehr viel wichtiger war, der Augapfel seiner ihn vergötternden Eltern – sein Missfallen lauthals zum Ausdruck.

Da er in den vergangenen zwei Jahren jedes Kind in seiner Gemeinde getauft hatte, war Alex den Lärm gewohnt. Dennoch warf er einen Blick über den vornehmen kleinen Schreihals hinweg zu dessen Vater, Viscount Alderley. „Schlägt ganz nach dir, Dominic, was das Temperament angeht.“

Der Viscount lachte. „Aber nein, lieber Cousin.“ Er blinzelte seiner Frau zu. „Wohl eher nach Pippa.“

Alex fuhr fort, seinen kleinen Neffen zu segnen, das Kind, das – Dank sei dem Herrn – ihn aus seiner Position als Dominics Erbe gedrängt hatte. Ein leichtes Zupfen an seinem Chorhemd ließ ihn nach unten schauen.

Seine Patentochter, die ältere Schwester des kleinen Philip, sah ihn ernst an. „Du hast ihm Wasser in die Augen gespritzt, Onkel Alex“, erklärte sie ernst. „Das nächste Mal ist es besser, wenn Mama oder das Kindermädchen ihn baden.“

„Ach so, das war es, meinst du?“, erwiderte er mit priesterlich unbewegter Miene. „Ich danke dir für den Hinweis, Emma.“

Die Tauffeier in der großen Halle auf Alderley war eine laute, fröhliche Angelegenheit. Auffällig nur durch die Abwesenheit des Ehrengastes und dessen Schwester, die sich beide schon früh in Begleitung ihres Kindermädchens in die Kinderstube zurückgezogen hatten.

Mit ebenso großer, wenn nicht größerer, Begeisterung wie seine Tischnachbarn stieß Alex auf die Gesundheit des Erben von Alderley an. Ein Blick in die Runde zeigte ihm, dass die Feier, an der auch viele von Dominics Pächtern teilgenommen hatten, sich allmählich ihrem Ende zuneigte. Die weit weniger ausgelassene Versammlung des ortsansässigen Adels hatte im Salon stattgefunden, allerdings nahm Alex an, dass Dominic und Pippa, nachdem sie die illustren Gäste vorhin verabschiedet hatten, sich ebenso gern mit den Pächtern zusammentaten.

Gemächlich schlenderte er zu ihnen. Dominic legte Farmer Willet seine Hand auf die breite Schulter und schüttelte ihm zum Abschied die Hand. „Ich werde mich erkundigen, was mit dem Bullen los ist“, versicherte er dem Mann und wandte sich lächelnd an Alex.

„Bleibst du zum Abendessen?“

Alex war in Versuchung, aber … „Nein, danke. Mrs Judd würde mich umbringen.“ Seine Haushälterin gehörte zu jener Sorte gutmütiger Tyrannen, die zu verärgern sehr unklug war. Woanders zu Abend zu essen, ohne sie vorher davon in Kenntnis zu setzen, würde zur Folge haben, dass er eine ganze Woche lang statt seiner geliebten pochierten Eier hart gekochte verzehren müsste.

Dominic schnaubte. „Warum zum Henker hast du ihr nicht einfach gesagt, dass du zum Dinner hier bleibst? Du musst doch gewusst haben, dass wir dich einladen würden.“

Das stimmte natürlich. Dominic war sein Cousin und engster Freund, aber Alex zog es vor, seine Gastfreundschaft nicht für selbstverst