: Carsten Leinhäuser
: Unterwegs im Auftrag des Herrn Kirche kann ganz anders sein!
: bene! eBook
: 9783963400858
: 1
: CHF 14.00
:
: Christliche Religionen
: German
: 192
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Dieses Buch weckt die Sehnsucht nach einem Glauben, wie er auch sein könnte: wild, aufregend, lebenslustig, tiefgehend, abenteuerlich und manchmal einfach urkomisch. Woran denken Sie, wenn Sie an »Katholische Kirche« und »Priester« denken? Egal, was es ist: Vergessen Sie es! Denn Carsten Leinhäuser passt in kein Klischee. Der katholische Geistliche ist ein Abenteurer Gottes, der ihm immer wieder unterwegs begegnet - in der Gegenwart faszinierender Menschen und an vielen Orten der Erde. Er landet in den unmöglichsten Situationen, erzählt von Testfahrzeugen, die er zu Schrott fährt, Beziehungskisten, Blind-Dates mit Gott und warum Apfelsinen ihn ans Beten erinnern. Wenn er wütend feststellt, was ihn an Kirche stört, nimmt er kein Blatt vor den Mund - und er berührt unsere Herzen, wenn er erzählt, warum er sich trotzdem kein anderes Leben vorstellen kann. »Ich bin ein Liebhaber der konkreten, greifbaren und echten Zeichen der Liebe Gottes, die ich in meinem Leben und in dem der anderen entdecken kann.« Carsten Leinhäuser

Carsten Leinhäuser, Jahrgang 1979, ist waschechter Saarländer aus Rohrbach; von Gott begeistert und »Menschenfischer«; ständig im Web unterwegs; Bücherwurm; Langschläfer und Faulenzer; Reisender; Brillen- und Linsenträger; Filmegucker; Fotograf. Unterwegs mit Bibel, Stola& Kaffee. Theologie-Studium in Mainz (1998-2004), Priesterweihe 2006. Kaplan in St. Anton& Christ König, Winzeln, Gersbach und Windsberg. Anschließend verschiedene Funktionen im Bereich Jugendarbeit. 2015-2019 Diözesanjugendseelsorger im Bistum Speyer. Seit Herbst 2019 Pfarrer in Winnweiler/Rheinland-Pfalz.

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UNTERWEGS


Groove

Sommer 1998. Vor einem Jahr haben mir meine Eltern zum bestandenen Führerschein einen »kleinen Gebrauchten« geschenkt. Einen Fiat Panda: schwarz, mit Faltdach, schepperndem Kassettenradio und unglaublichen 34 Pferdestärken. In einer feierlichen Zeremonie haben meine Freunde und ich das Fahrzeug mit einer Flasche Bier getauft. Auf den NamenMoses. Weil dieser 40 Jahre gebraucht hat, um mit dem Volk Israel einmal quer durch die Wüste zu wandern – und weil »mein Moses« auch nicht der Schnellste ist.

Da zwischen Abi und Studium etwas Zeit ist, habe ich mich entschieden, gemeinsam mit Moses einen Roadtrip quer durch Frankreich zu machen. Im Gepäck: mein Rucksack, eine Landkarte (damals gab’s noch kein Google Maps) und drei einfachen Regeln:

1. Es gibt kein Ziel – höchstens eine Richtung

2. Sei spontan

3. Autobahnen sind verboten

 

Mit offenem Dach und mehreren ultimativen Mixtapes starten Moses und ich unsere Tour quer durch Frankreich – und erleben eines der schönsten Abenteuer meines Lebens. Wir grooven uns gen Süden ein und gondeln kreuz und quer durch das Land. Auf unserem Weg entdecken wir Landschaften, Dörfer und Städtchen, die wunderschön sind und oft halb verfallen. Dort, wo es uns gefällt, machen wir halt und genießen die Sommersonne.

Irgendwo in Burgund klopfe ich an einem alten Pfarrhaus und bitte um Unterkunft. Der Pfarrer hat gerade Freunde zu Besuch, und wir trinken zusammen bis spät in die Nacht Rotwein und quatschen. Ich schlafe in einem kleinen staubigen Zimmer auf dem Boden und ziehe am nächsten Morgen weiter. Irgendwo im Nirgendwo besichtige ich ein bizarres Museum mit rostenden Staatskarossen aus allerlei Ländern. Angeblich steht hier sogar das Auto, in dem Kennedy gestorben ist. Keine Ahnung, ob an der Geschichte was dran ist.

Zufällig bin ich während des Viertelfinales der Fußball-WM in Lyon und stehe umringt von Kroaten und Franzosen vor einer großen Leinwand, während Deutschland nur wenige Kilometer entfernt 0:3 gegen Kroatien verliert. Danach lädt mich ein junges französisches Pärchen auf ein »Trostbier« in eine Straßenkneipe ein. Auf dem Weg durch den Grand Canyon de Verdon gabele ich zwei Anhalterinnen auf. Wir bezwingen im zweiten Gang die steilen Serpentinenstraßen und reden über Gott und die Welt.

Es gäbe noch mehr lustige und schräge Momente von dieser Reise zu erzählen. Was bleibt, ist die Erinnerung an zwei unvergessliche Wochen. Und die Erfahrung, dass es sich absolut lohnt, ab und an ohne Ziel aufzubrechen und sich vom Leben überraschen zu lassen.

 

Umwege

Ob ich mal eben noch zehn Minuten Zeit habe, fragt mich Guto. Er ist der Besitzer der kleinen Pousada, in der ich seit vier Tagen zu Gast sein darf. Ich bin in Lavras Novas, einem kleinen zugigen Städtchen auf 1500 Metern Höhe in den Bergen Brasiliens. Mein Plan ist es, dass ich heute noch knapp 300 Kilometer über teilweise unbefestigte Straßen zu meinem nächsten Ziel fahre. Die Zeit ist knapp – und wenn ich pünktlich sein will, muss ich jetzt losfahren.

»Nur zehn Minuten, Carsten; keine große Sache.« Guto ist hartnäckig und will mich so schnell nicht ziehen lassen.

»Ich überlege kurz: Eigentlich will ich jetzt lieber direkt los. Das Auto ist fertig gepackt, und ich habe mir gerade zwei Aspirin eingeworfen, weil ich total verschnupft bin. Aber die Bitte abzuschlagen wäre irgendwie unhöflich, und zehn Minuten sind ja auch kein Ding. Also sage ich zu.

Guto packt mich in sein Auto, und wir holpern los. Erst jetzt komme ich auf die Idee, mal nachzufragen, was er eigentlich genau von mir will. Grinsend erzählt er, dass der Fernsehsender »Rede Minas Gerais« im Dorf ist und eine Reportage über Tourismus auf dem Land drehen möchte. Dazu suchen sie noch einen Hauptdarsteller, der mit dem Quad über die Berge fährt – die Reporterin als Sozius mit dabei. »Wie gesagt: nichts Großes. Und in zehn Minuten sitzt du wieder in deinem Auto und fährst los.