: Stefan Zweig
: Verwirrung der Gefühle und andere Erzählungen
: marixverlag
: 9783843806091
: 1
: CHF 7.00
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: Anthologien
: German
: 256
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die Verwirrung der Gefühlswelten ist ein wiederkehrendes Thema in Stefan Zweigs Werk und der Kern der vorliegenden Sammlung. Zweig legt den Fokus absichtlich auf 'die Kellergewölbe, die Wurzelhöhlen und Kloaken des Herzens'. Aufrichtig und doch taktvoll vermag er wie kaum ein anderer, von den allerintimsten Gedanken und seelischen Qualen der Protagonisten zu erzählen. Stefan Zweig macht immer wieder deutlich, wie schutzlos das menschliche Herz ist und zu welchen Handlungen Leidenschaften verführen. Enthalten sind die Erzählungen: Der Stern über dem Walde, Die Liebe der Erika Ewald, Vergessene Träume, Untergang eines Herzens und Verwirrung der Gefühle.

Stefan Zweig wurde 1881 in Wien geboren und studierte dort Philosophie. In dieser Zeit begann er mit ersten literarischen Arbeiten. Es folgten zahlreiche Reisen um die Welt. Er unterhielt Freundschaften und Briefkorrespondenzen zu Thomas Mann, Maxim Gorki, Hermann Hesse, Joseph Roth, Arthur Schnitzler und vielen anderen. Während er nach dem Ersten Weltkrieg im Kriegsarchiv tätig war, wurde er Pazifist. 1933 wurden seine Schriften verbrannt, 1934 emigrierte er nach London, um 1941 mit seiner zweiten Ehefrau Lotte Altmann über New York nach Südamerika auszuwandern. 1942 beging er in Petrópolis, Brasilien gemeinsam mit seiner Ehefrau Selbstmord.

VERGESSENE TRÄUME


Die Villa lag hart am Meer.

In den stillen, dämmerreichen Piniengängen atmete die satte Kraft der salzhaltigen Seeluft und eine leichte beständige Brise spielte um die Orangenbäume und streifte hie und da, wie mit vorsichtigen Fingern, eine farbenbunte Blüte herab. Die sonnenumglänzten Fernen, Hügel, aus denen zierliche Häuser wie weiße Perlen hervorblitzten, ein meilenweiter Leuchtturm, der einer Kerze gleich steil emporschoß, alles schimmerte in scharfen, abgegrenzten Konturen und war, ein leuchtendes Mosaik, in den tiefblauen Azur des Äthers eingesenkt. Das Meer, in das nur selten weit, weit in der Ferne, weiße Funken fielen, die schimmernden Segel von einsamen Schiffen, schmiegte sich mit der beweglichen Weise seiner Wogen an die Stufenterrasse an, von der sich die Villa erhob, um immer tiefer in das Grün eines weiten, schattendunklen Gartens zu steigen und sich dort in dem müden, märchenstillen Park zu verlieren.

Von dem schlafenden Hause, auf dem die Vormittagshitze lastete, lief ein schmaler, kiesbedeckter Weg wie eine weiße Linie zu dem kühlen Aussichtspunkte, unter dem die Wogen in wilden, unaufhörlichen Anstürmen grollten und hie und da schimmernde Wasseratome heraufstäubten, die beim grellen Sonnenlichte im regenbogenfunkelnden Glanz von Diamanten prahlten. Dort brachen sich die leuchtenden Sonnenpfeile teils an den Pinienwichseln, die dicht beisammen wie im vertrauten Gespräche standen, teils hielt sie ein weitausgespannter japanischer Schirm ab, auf dem lustige Gestalten mit scharfen, unangenehmen Farben festgehalten waren.

Innerhalb des Schattenbereiche