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Der Kampf zwischen den Drachen und den Wölfen war vorüber.
Nun, knapp eine Stunde später, saß Anders auf der Krankenstation zwischen zwei behelfsmäßig errichteten Betten, in denen seine beste Freundin Lisabet und seine Zwillingsschwester Rayna lagen. Um ihn herum herrschte hektisches Treiben.
Alle Feuerdrachen hatten menschliche Gestalt angenommen, denn in die überfüllte Höhle tief im Berg hätte nicht einmal ein einziger Drache gepasst. In jeder Nische lagen Verwundete, und Heiler eilten von einem zum anderen.
Da stöhnte Lisabet neben Anders auf. Sein Blick flog sofort zu ihr. Ihre blasse Haut war noch blasser als sonst, und selbst ihre Sommersprossen wirkten irgendwie farblos. Lisabet hatte die Drachen gegen das Wolfsrudel verteidigt, das sie und Anders unabsichtlich hierhergeführt hatten, und sich dabei hart den Kopf angeschlagen.
„Geht es dir gut?“ Anders beugte sich zu ihr, doch die Antwort kam von der anderen Seite.
„Sie hat sich fast den Schädel zertrümmert. Wie sollte es ihr da gut gehen?“, entgegnete seine Schwester.
Er drehte sich zu Rayna um. Sie hatte sich unter einem riesigen Berg Decken zusammengerollt, nur der Kopf schaute heraus. Als sie von dem Eisspeer eines Wolfes getroffen worden war, hatte sich ihre braune Haut besorgniserregend grau verfärbt, und auch wenn sie allmählich wieder eine normale Farbe annahm, so waren ihre Wangen noch immer unnatürlich blass – grau wie Asche. Kälteschaden, hatte der Heiler gesagt.
Einer von Anders’ Mitschülern von der Ulfar-Akademie hatte den Speer auf Rayna abgeschossen. Dabei waren Anders und Lisabet doch hergekommen, um Rayna zu retten! Aber ihre Klassenkameraden hatten die Verfolgung aufgenommen. Hätten sie das doch bloß sein lassen! Dann wäre niemandem etwas zugestoßen.
Anders hatte den ganzen langen Weg nach Drekhelm Angst gehabt. Angst davor, Rayna würde von den Drachen geopfert werden. Angst davor, er würde ihr nicht helfen können, selbst wenn er es bis nach Drekhelm schaffte. Angst davor, dass sie gar nicht seine Zwillingsschwester war, weil sie sich in einen Feuerdrachen und er sich in einen Eiswolf verwandeln konnte. Jeder wusste, dass es nie zweierlei Arten von Tierwandlern innerhalb einer Familie gab.
Aber Rayna hätte gar keiner Rettung bedurft. Es war ihr gut gegangen in Drekhelm – bis Anders die Gefahr direkt vor ihre Türschwelle gelockt und sich die Wölfe zu Feinden gemacht hatte, die gerade zu seinem Rudel geworden waren.
Und nun war er gefangen in Drekhelm, der Drachenfeste.
„Mir geht’s gut.“ Lisabets Stimme katapultierte ihn zurück in die Gegenwart.
„Die Schwester meinte, du würdest Kopfschmerzen haben“, sagte er leise. „Und dass du noch ein paar Stunden wach bleiben musst, damit sie sicher ausschließen können, dass du irgendwelche inneren Kopfverletzungen davongetragen