: Nadine Filko
: Clean Meat Fleisch aus dem Labor: Die Zukunft der Ernährung?
: LangenMüller
: 9783784483634
: 1
: CHF 11,40
:
: Gesellschaft
: German
: 208
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
2013 verkostete die Food-Expertin Hanni Rützler ihren ersten Burger aus In-vitro-Fleisch. Schon bald soll das Fleisch aus der Retorte günstiger sein als jenes, das heute im Supermarkt angeboten wird. Werden wir künftig auf Tiertransporte und Schlachthöfe verzichten können und nur noch Steaks aus dem Reagenzglas essen? Nadine Filko gibt einen fundierten Überblick zur aktuellen Debatte um das 'saubere Fleisch'. Sie analysiert die Bedeutung von Fleisch für die Entwicklung des Menschen, untersucht die Auswirkungen des Massenkonsums auf Umwelt und Tierwohl und stellt die Alternativen vor. Dabei wirft sie den Blick auf Wissenschaft, Wirtschaft und Politik bis hin zu den Landwirten und geht der Frage nach, ob wir als Konsumenten schon bereit sind für den Umstieg auf Clean Meat. Auf Basis ihrer umfangreichen Recherchen formt sie ein realistisches Bild unserer Ernährung in der Zukunft.

Teil II:
Eine saubere Sache?

Der Markt der Zukunft

»Zelluläre Landwirtschaft, kurz Cell-Ag, ist die Wissenschaft oder Praxis, tierische Produkte aus Zellen und nicht aus ganzen Tieren zu züchten.«

CellularAgriculture Society

Als ich mit Ira van Eelen zusammensaß, war es ihr sehnlichster Wunsch, dass ich »the maths« für den deutschen Markt machen solle. Ich sollte mir also die Hürden, die dem Wandel entgegenstehen, ganz genau ansehen und herausfinden, wo wir stehen. Gar nicht so einfach. Denn tatsächlich gestaltet sich der deutsche Markt der Clean-Meat-Revolutionäre übersichtlich. Viel gibt es noch nicht, um ihn zu analysieren und die Unbekannten einer potenziellen Gegenwehr zu berechnen. Zwar gibt es einige große Industrielle, die fleißig investieren und ein Stück vom Clean-Meat-Kuchen abhaben wollen. Auch im Bereich institutionellen Engagements tut sich was. Nicht zuletzt habe ich immerhin einen Clean-Meat-Pionier während meiner Recherchen aufgetan. Wie aber können diese Akteure helfen, Hürden der Regelung und vor allem der Akzeptanz und der in der Breite fehlenden Investitionskraft anzugehen? Es bleibt die Erkenntnis, dass die Unbekannten in der Gleichung »Clean Meat« zumindest in Deutschland weitaus schwieriger zu berechnen sind als anderswo.

Dabei muss die Innovationskraft selbstverständlich nicht aus unserem Markt herauskommen. Die Gefahr, die sich dabei allerdings zeigt, ist, dass wir auch hier wieder ein Feld der gesellschaftlichen Transformation und Innovation verschlafen. Laut Frey sind die Deutschen »generell nicht die Early, sondern Late Adopter. Das gilt auch für Clean Meat. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass die Marktführerschaft, wenn wir uns bestimmten Technologien verschließen, ganz schnell bei anderen landet.« Noch haben wir die Chance aufzuholen und uns in die Riege der Veränderer einzureihen. Noch können auch wir die Geschichte unserer Ernährung mitbestimmen und umschreiben. Bisher aber sind es vor allem Pioniere anderer Nationen, die sich eine Stimme erkämpft haben.

Während in den Niederlanden Willem van Eelen seine Vision eines sauberen Fleischmarktes im letzten und in diesem Jahrhundert vorantrieb, wurde parallel auch anderswo auf der Welt an der neuen Landwirtschaft alternativer Proteine gearbeitet. Allen voran in den Vereinigten Staaten. In diesem Kontext aber müssen wir unsere Begriffswelt rund um Clean Meat erweitern. Denn wenn wir von Clean Meat sprechen, dann sprechen wir unweigerlich von einem neuen System, das sich innerhalb unserer Ernährungswelt etabliert: die Cellular Agriculture (Cell-Ag). In der Öffentlichkeit scheint die treibende Kraft dieser neuen Form der Landwirtschaft Fleisch. Sie berührt allerdings weitaus mehr Aspekte unserer Ernährung und des täglichen Lebens.

»Zelluläre Landwirtschaft, kurz Cell-Ag, ist die Wissenschaft oder Praxis, tierische Produkte aus Zellen und nicht aus ganz