1. KAPITEL
„Kreative Fotografie“, murmelte Madison West, während sie einen Code eingab, um die Box zu öffnen, die den Schlüssel zu der Hütte enthielt, in der sie das Wochenende verbringen würde.
Sie blickte über die verschneite Landschaft hinweg auf ein weiteres Haus, dasviel zu nah an ihrer Hütte stand. Die Aufnahmen, die die Ferienhausvermietung auf ihrer Website zeigte, hatten nicht erkennen lassen, dass sie das Grundstück mit jemandem teilen musste.
Offensichtlich waren die Bilder aus sehr ausgefallenen Blickwinkeln aufgenommen worden.
Es spielte keine Rolle. Nichts würde ihre Pläne ändern. Sie hoffte nur, dass die Nachbarn Ohrstöpsel griffbereit hatten. Denn sie würde dieses Wochenende Sex haben. Sex nonstop.
Zehn Jahre Enthaltsamkeit sollten heute Abend enden. Sie hatte endlichden einen gefunden. Keinen zum Heiraten,bloß das nicht. Liebe war für andere Menschen. Für Menschen, die mit siebzehn nicht betrogen, manipuliert und gedemütigt worden waren.
Nein, Maddy hatte kein Interesse an Liebe und Ehe. Dafür aber reichlich Interesse an Orgasmen. Und sie hatte den perfekten Mann gefunden, um dieses Bedürfnis zu befriedigen.
Den ganzen Tag, die ganze Nacht, die nächsten achtundvierzig Stunden.
Sie war mit einem Koffer voller Dessous und vier Flaschen Wein bewaffnet. Zur Hölle mit den Nachbarn. Sie hatte zwar auf etwas mehr Abgeschiedenheit gehofft, aber sei’s drum.
Maddy öffnete die Tür und trat ein. Dann schaute sie sich um und atmete erleichtert auf. Zumindest die Einrichtung entsprach ihren Erwartungen. Auch wenn die Hütte kleiner war, als sie auf den Fotos gewirkt hatte. Sie konnte nur hoffen, dass das nicht ein düsteres Omen für den Rest ihres Abends war.
Energisch schüttelte sie den Kopf. Darum würde sie sich jetzt ganz bestimmt keinen Kopf machen. Es gab auch so schon genug zu bedenken, wenn man beabsichtigte, nach einem Jahrzehnt sein Zölibat zu beenden.
Christopher würde gleich eintreffen, also sollte sie besser schon mal nach oben gehen und die Inszenierung vorbereiten. Maddy machte sich auf den Weg ins Schlafzimmer und holte das Spitzen-Teil aus dem Koffer, das sie für den Anfang ausgewählt hatte. Es war rot, was sehr gut an ihr aussah, wenn auch etwas offensichtlich. Doch sie zielte ja auch auf das Offensichtliche ab.
Christopher war nicht ihr Freund. Und er würde es auch nicht werden. Er war ein sehr netter Vertreter, der mit Vitamin-Zusatzpräparaten für Pferde handelte. Sie hatte ihn vor einigen Wochen kennengelernt, als er auf die Ranch der Wests kam, um seine Produkte zu verkaufen. Sie hatte ein paar davon für ihre Pferde erworben, dabei waren sie erst ins Plaudern, dann ins Flirten gekommen.
Normalerweise beendete Maddy die Sache sofort, wenn sich aus einem Gespräch ein Flirt entwickelte. Bei ihm hatte sie es nicht getan. Vielleicht, weil er etwas Besonderes war. Vielleicht, weil zehn keusche Jahre einfach viel zu lang gewesen waren. Egal, aus welchem Grund, sie hatte jedenfalls weiter mit ihm geflirtet.
Sie waren auf einen Drink ausgegangen, und sie hatte ihm erlaubt, sie zu küssen. Was viel mehr war, als sie irgendeinem anderen Mann in den letzten Jahren gestattet hatte. Es erinnerte sie daran, wie sehr sie das Küssen einmal genossen hatte. Und kaum war sie daran erinnert worden … nun ja.
Er hatte um ein weiteres Date gebeten. Sie hielt dagegen, dass eine körperliche Begegnung ohne irgendwelche Verpflichtungen doch viel besser wäre.
Natürlich hatte er zugestimmt. Weil er ein Mann war.
Doch es sollte nicht in der Stadt passieren. Sie wollte nicht riskieren, dass sie mit ihm in einem Hotel gesichtet wurde oder dass jemand seinen Wagen vor ihrem Haus auf dem Grundstück ihrer Eltern entdeckte.
So war die Idee von einem Wochenende im Ferienhaus entstanden.
Sie streifte ihre Kleidung ab und schlängelte sich in das hautenge Spitzenkleid, das kaum ihren Hintern bedeckte. Dann lockerte sie ihr blondes Haar und trug einen Lippenstift auf, der farblich zu ihren Dessous passte.
Natürlich würde sie in diesem Outfit nicht die Tür öffnen.
Sie zog ihre lange Jacke wieder an und be