2.Die Stärken und Schwächen bestehender Theorien der Temporalität
A.Historizismus
Beginnen wir also mit dem Historizismus. Bekanntlich war Karl Marx in seinen jungen Jahren ein begeisterter Hegelianer. Dann stellte er Hegel auf den Kopf und ersetzte Hegels Idealismus durch einen kompromisslosen Materialismus. Nicht Ideen trieben die Dialektik des sozialen Lebens an, sondern materielle Interessen. Marx fand zu dieser Position, als er dreißig war, und veränderte danach außer Verästelungen von Details nichts Wesentliches mehr an ihr. Den Rest seines Lebens verbrachte er mit politischen Aktivitäten und dem vergeblichen Bemühen, sein System auszuarbeiten und dessen oft widersprüchliche Teile miteinander zu versöhnen. Er ging jedoch nie von seiner ursprünglichen Position ab, dass die Evolution des Menschengeschlechts ein gewaltiger und in hohem Maße einheitlicher Prozess sei, in dem Abfolgen von Produktionsregimen Abfolgen von Klassenverhältnissen hervorbrachten, die unweigerlich in gut Hegel’scher Manier ihre eigenen Antithesen und Synthesen erzeugten. Marx glaubte fest daran, dass die Gegenwart durch die Vergangenheit determiniert ist; er neigte dazu, sich über unvorhergesehene Ereignisse wie den populistischen Sieg Louis Napoleons zu ärgern. Dass er solche offensichtlichen Widersprüche mit kompromissloser Brillanz in Schützenhilfe für seine Theorie umzuwandeln wusste, verbirgt die Tatsache nicht, dass ihre bloße Existenz diese Theorie grundsätzlich infrage stellte.
Kaum überraschend verstehen wir den Historizismus üblicherweise historisch, als Reaktion auf vorangegangene Ereignisse. Die Aufklärung hatte an einen allgemeine