: Ian Rolf Hill
: John Sinclair 2154 Hölle im Herzen
: Verlagsgruppe Lübbe GmbH& Co. KG
: 9783732588602
: 1
: CHF 1.60
:
: Horror
: German
: 64
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

Hölle im Herzen

Die Schreie der Möwen erinnerten die einsame Gestalt an ihre eigenen Schreie, die sie ausgestoßen hatte, als sie gequält und geschändet worden war. Aber auch an die Todesschreie der Sterbenden. Sie waren ihr mindestens ebenso vertraut wie das beständige Rauschen der Wellen, die unermüdlich auf den Strand rollten und nach den nackten Füßen der Frau leckten, deren Blick über das dunkle Wasser gen Horizont schweifte, wo die Sonne vom Ozean verschlungen wurde.
Fast so wie er jenes Eiland verschlungen hatte, das über Jahrhunderte ihre Heimat gewesen war - Toghan, das entrückte Land ...

So nannten es zumindest die Menschen, die die Frau aufgenommen hatten.

Doch egal, welchen Namen man dieser verfluchten Insel auch geben mochte, für sie würde es stets die Hölle bleiben, die ihr alles genommen hatte.

Dennoch war sie ihr entkommen.

Als Einzige von Tausenden.

In Jennifer Goulds Herz herrschte seitdem gähnende, schmerzhafte Leere, ohne zu wissen, wie sie sie füllen konnte.

Aus den Erinnerungen von Jennifer Gould

27. September 1587

Der Duft von frisch geschlagenem Holz lag in der milden Sommerluft und zauberte ein Lächeln auf Jennifers Lippen. Das gleichmäßige Klopfen, mit dem Simon und Benjamin abwechselnd die scharfen Klingen ihrer Äxte in das Fleisch des Baumes trieben, war das einzige Geräusch weit und breit.

Abgesehen von dem leisen Plätschern des Baches und dem Zwitschern der Vögel in den Baumwipfeln. Mit einem warmen Gefühl im Herzen beobachtete Jennifer, wie Bartholomew am Ufer des Bächleins auf den Fersen kauerte und Schiffchen aus frischem Laub schwimmen ließ. Er war jetzt fünf Jahre alt und seinem Vater Simon wie aus dem Gesicht geschnitten.

Jennifer hielt in ihrer Tätigkeit inne und nahm sich die Zeit, ihren Sohn ein Weilchen zu beobachten. In Gedanken versunken, mit einer Aufmerksamkeit, wie sie nur Kinder in jungen Jahren aufbrachten, ließ er ein Schiffchen nach dem anderen auf Reisen gehen, bis eine ganze Flotte den Bach hinunter zuckelte.

Simon hätte es zwar lieber gesehen, wenn Bartholomew sich mehr für die harte Arbeit der Männer interessiert oder zumindest mit den anderen Kindern gespielt hätte, doch Bart hielt sich am liebsten in der Nähe der Mutter auf, selbst wenn diese bloß Wäsche waschen ging.

»Wenn alles gut geht, werden wir nächsten Monat die Schule aufmachen können«, sagte Elisabeth, Benjamins Frau, die neben Jennifer am Ufer des Baches saß. »Dann wird auch Bartholomew Freunde in seinem Alter finden, wirst schon sehen. Und wenn nicht, dann bekommt er ja demnächst vielleicht ein kleines Brüderchen, um das er sich kümmern kann.«

Zaghaft lächelnd strich sich Jennifer über den Bauch. Bis ihr zu Bewusstsein kam, was Elisabeth’ Worte zu bedeuten hatten. Erschreckt blickte sie auf.

»Was meinst du damit? Woher wei