: Anna Michaelis
: »Die Zukunft der Juden« Strategien zur Absicherung jüdischer Existenz in Deutschland (1890-1917)
: Campus Verlag
: 9783593442563
: Kontingenzgeschichten
: 1
: CHF 36.20
:
: Neuzeit bis 1918
: German
: 340
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: PDF
Die Geschichte des deutschen Judentums um 1900 wird häufig als die einer Dualität zwischen Tradition und Moderne erzählt. Betrachtet man jedoch die jüdische Gemeinschaft nicht nur in ihrer zeitgenössischen Verfasstheit, sondern auch in ihren vergangenen Zukunftsperspektiven, so wird das Bild komplexer: Um sich angesichts sinkender Geburtenraten, der jüdischen Einwanderung aus Osteuropa und des erstarkenden Antisemitismus abzusichern, nutzten liberale Jüdinnen und Juden neuartige Instrumentarien. Anna Michaelis zeichnet entlang von Demografie, Medizin und Wohltätigkeitsorganisationen nach, wie das jüdische Bürgertum die Zukunft seiner Gemeinschaft konstruierte und bearbeitete.

Anna Michaelis ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Jüdische Studien der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.
Vorwort In einer historiografischen Arbeit über Zukunftskonzeptionen und -bearbeitungen deutscher Jüdinnen und Juden im Kaiserreich ausgerechnet die jüdische Demografie, jedoch auch Aspekte der »jüdischen« Eugenik und »Rassenbiologie« mit den Maßnahmen jüdischer Sozialpolitik in Verbindung zu setzen, ist mit Einschränkungen ein gewagtes Unternehmen. Ohne hier weiter auf die Erwägungen bei der Wahl dieser Akteursgruppen eingehen zu wollen - das tue ich bereits in der Einleitung - möchte ich meiner Untersuchung daher in aller Kürze ein paar allgemeine Bemerkungen voranstellen. Im Rahmen von Vorträgen auf Konferenzen und bei Kolloquia bin ich häufig auf Erstaunen darüber gestoßen, dass jüdische Wissenschaftler sich an Debatten über Rassenbiologie und Eugenik beteiligt haben. Der Umstand, dass sich Mediziner und Demografen jüdischer Herkunft innerhalb eines diskursiven Rahmens, der später unter anderem die Schoah mitermöglicht hat, bewegt haben, erschien meinen Gesprächspartnerinnen und -partnern oft schwer nachvollziehbar. Gleichzeitig wurde mir auch immer wieder angetragen, dass doch der Antisemitismus die wesentliche Koordinate gewesen sein müsste, an dem d