: Oskar Jan Tauschinski
: Evelyne Polt-Heinzl
: Talmi
: Edition Atelier
: 9783990650226
: 1
: CHF 19.90
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 344
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Aus dem Leben eines charmanten Taugenichts in der Zwischenkriegszeit, erzählt von einer Frau, die ihn längst durchschaut hat und ihn dennoch liebt. Der Chauffeur Ernst Ronasek will hoch hinaus und erschwindelt sich in den rasanten 1920ern als 'Freiherr von Ronay' Herz und Geld so mancher reichen Dame. Sehr zum Verdruss der Künstlerin Susanne Sedlak, die neben den Sorgen über den aufkommenden Nationalsozialismus auch um das Seelenheil ihrer heimlichen Liebe bangt. Als die Nazis die Macht ergreifen und ihre Künstlerkollegin Aglaia deportiert wird, muss Susanne feststellen, dass Ernst die Seiten gewechselt hat ... 'Talmi' ist ein tiefgründiger und dennoch gewitzter Roman über Täuschung und Opportunismus, über Kunst und Widerstand - und über aufopferungsvolle Liebe.

Oskar Jan Tauschinski, 1914 in ?abokruki in Galizien/Polen geboren, 1993 in Wien gestorben. Im 2. Weltkrieg bei der polnischen Armee und in deutscher Kriegsgefangenschaft. 1940 als Zwangsarbeiter in Wien, 1944 wegen antifaschistischer Äußerungen mehrere Monate in Gestapohaft. 1947 erhielt er die österreichische Staatsbürgerschaft. Er verfasste Romane, Erzählungen sowie Kinderbücher und war als Lektor und Übersetzer tätig. Für seine literarischen Arbeiten wurde er mehrfach ausgezeichnet. Talmi erschien 1952 in der Arbeiter-Zeitung und 1963 erstmals als Buch.

TRAVIATA SINGT FÜR SPORTLICHE JUGEND


(Susannens Aufzeichnungen vom 12. März 1945)

Wie glücklich bin ich über die Petroleumlampe, die mir Margot verschafft hat!

So weit haben wir es im Zeitalter der Technik gebracht, daß man sich heute in einer Zweimillionenstadt nur helfen kann, wenn man im Hof einen Brunnen und daheim einen altmodischen Kohlenherd besitzt. Wer überdies noch genügend Petroleum zum Leuchten hat, muß mit dem Neid der Nachbarn rechnen. Die elektrischen Lüster, die Gas- und Badeöfen, die Wasserleitungshähne und Radioapparate sind verkümmerte Organe im Wohnungskörper geworden – müßige Zeugen der Vergangenheit, Staubfänger, ebenso nutzlos wie die Makartbuketts und Streusanddosen unserer Großmütter.

Zwar stinkt meine Lampe höllisch und blakt wie ein Fabrikschlot, aber sie leuchtet doch auch, und ich kann im verdunkelten Zimmer vor meinem Schreibblock sitzen und an dich denken, Ernstl, anstatt mich im Finstern schlaflos auf dem Diwan herumzuwälzen und nur Gedanken über ein ungewisses Morgen und ein unwahrscheinliches Demnächst wiederzukäuen.

Was nützt es, daß der Krieg zu Ende geht? Wird man denn seine letzten Phasen überstehen? In längstens vier Wochen beginnt bei uns das, was Warschau und Budapest schon hinter sich haben. Warum sollte für Wien eine Ausnahme gemacht werden? Aber, mein Gott, vier Wochen! Vielleicht sorge ich mich da um eine Zukunft, die ich gar nicht mehr erleben werde.

Nur die Vergangenheit ist fester Boden, auf dem der Fuß nicht strauchelt, und darüber hat die Erinnerung einen soliden Laufteppich gelegt, bre