Wenn das T-Shirt bei H&M fünf oder zehn Euro kostet, fühlst du dich dann schlecht? Ich mich bislang nicht wirklich. Ja, die Bilder sind schrecklich, und Rana Plaza habe ich bis heute im Kopf – mehr als 1100 Menschen sind 2013 beim Einsturz von Textilfabriken in Bangladesch gestorben. Aber so übel die Jobs auf uns hier in Österreich auch wirken mögen, zumindest schaffen Fabriken für die Menschen dort Arbeit. Sie sind eine zusätzliche Option vor Ort. Vielen Menschen bieten sie die Chance, der extremen Armut zu entkommen. Zumindest habe ich mir das bisher eingeredet. Gibt es dafür eigentlich irgendwelche Belege? Sorgen Konzerne, die in armen Ländern produzieren, dafür, dass sich die Situation mit der Zeit bessert? 2017 wurden Ergebnisse einer Studie präsentiert, die meine These zumindest anzweifeln.2 Zwei Ökonomen der University of Chicago und der Oxford University haben sich obige Frage gestellt. In einem Experiment in Äthiopien, einem der ärmsten Länder der Welt, wo gerade mit viel Geld aus dem Ausland, vor allem aus China, Fabriken entstehen, haben sie tausend Bewerber*innen ein Jahr lang begleitet. Ihre Annahmen waren ähnlich wie meine: Die Jobs sind schlecht, aber immerhin Jobs. In einem Land mit wenig Perspektiven würde die Nachfrage nach den neuen Jobs riesig sein. Zu ihrer Überraschung kündigte die Mehrheit binnen weniger Monate. Sie gingen zurück auf den Bau oder verkauften Kleinigkeiten am Markt. Dazu kommt: Die Jobs in den Fabriken brachten nicht mehr Geld ein als die sonstigen und waren noch dazu gefährlicher. Übrig blieb in der Fabrik nur ein Drittel der Menschen. Jene, die sonst nichts fanden.
Was heißt das für mich? Ausländische Fabriken, in denen meine Kleidung entsteht, verbessern nicht automatisch das Leben der Menschen. Die Jobs in den Fabriken sind unbeliebt. Für die, die keine anderen Optionen haben, schaffen sie in einem der ärmsten Länder der Welt aber immerhin ein kleines Einkommen. Wenn Fabriken keine Wunderwaffe im Hier und Jetzt sind – verbessern sie dann zumindest auf längere Sicht die Lage in diesen Ländern? Ich schaue in meinen Kasten, nehme eine Jogginghose heraus. »Made in Bangladesh« steht da – kein Zufall, das Land ist mittlerweile zum zweitgrößten Exporteur von Kleidung nach China aufgestiegen.3 Fast alles, was Bangladesch ins Ausland verkauft, sind T-Shirts, Pullover und Socken. H&M lässt dort in unzähligen Fabriken produzieren. Wenn meine Nachfrage also gut für die Welt ist, dann muss sich das in Bangladesch zeigen. Tut es das? Wie sich gleich