: Gerhard Branstner
: Das Verhängnis der Müllerstochter. Sänge und Reime Aus etlichen Jahrhunderten deutscher Volksdichtung ausgebuddelt und fürwitzig zurechtgemacht oder füglich neu erdacht
: EDITION digital
: 9783965211742
: 1
: CHF 6,10
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: Lyrik
: German
: 198
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: PDF
»Wer sich nicht lustig macht, der nimmt ein schlimmes Ende«, behauptet hier ein weiser Tor. Und recht hat er! Man sieht es ja an den Tränen der schönen Müllerstochter; vernimmt von Herrn Strunk, der sich erhunk; ahnt's aus dem Amtsleben des »Pflichtbürgers« oder dem Klagelied einer Brombeerpflückerin. Wer dagegen mit dem Autor möchte, »dass als wesentliche Form des Geistes uns die Heiterkeit bald leichter fällt« auf dieser Welt, der wird aus diesem Büchlein vergnüglich erfahren, in welcher Weise Liebe und Leid mit Scherz und Ernst gepaart sein können. G. Branstner, der sich auch immer wieder um die Weiterführung bewährter oder um die Wiederbelebung vergessener traditioneller Kunstformen bemüht, hat in seiner Version verschiedenste Themen und Formen, Motive und Stimmungen mehrhundertjähriger Volksdichtung erstehen lassen. Der Vorzug ist dem Sangbaren, Liedhaften gegeben - und all den kräftigen, deftigen, schaurigen oder witzigen Geschichten, die für das Vorlesen oder Vortragen noch besonderen Spaß versprechen.

Geboren am 25.Mai 1927 in Blankenhain/Thüringen, Volksschule, drei Jahre Verwaltungslehre. 1945 Soldat im 2. Weltkrieg, bis 1947 in amerikanischer, französischer und belgischer Kriegsgefangenschaft. 1949 - 1951 Abitur an der ABF Jena, 1951 bis 1956 Studium der Philosophie an der Humboldt-Universität Berlin, 1963 Promotion (Dr. Phil.). 1956 - 1962 Dozent an der Humboldt-Universität, 1962 - 1964 Lektor, 1966 - 1968 Cheflektor Eulenspiegelverlag/ Das Neue Berlin. Ab 1968 freiberuflicher Schriftsteller. 2008 in Berlin verstorben.
Die nasse Wahrheit nach A. L. Karsch »13« Ein Ehemann von sanftem Wesen ertrug sein Weib mit viel Geduld. 'Ich bring mich um', so rief sie ständig, 'und daran hast nur du die Schuld!' Er bat sie stets in sanftem Ton: 'Hör auf mit dieser dummen Grille.' Doch sie schrie immer heftiger: 'Das ist mein absoluter Wille!' Da blieb ihm keine andre Wahl: Er trug sie an ein nahes Wasser. Sie hörte bald zu schreien auf und wurde blass und blasser. Er ließ sie, ganz in seiner Art, sanft fallen in das kühle Fließ just da, wo es am tiefsten war, damit sie sich nicht unten stieß. 'Das', sprach er, 'war doch nur dein Wille. Da rief sie in der Wassernot: 'Mein lieber Mann, mach mich nicht tot, glaub mir, es war nur eine Grille!' Dann war sie endlich stille. Die Wahrheit ist die: Das Weib schweigt nie. Das Verhängnis der Müllerstochter nach einer echten Moritat »14« In einem grünen Tale, nicht weit vom tiefen Wald, steht eines Müllers Mühle, darin ein Kindlein lallt. Und am Ende von dem Tal rauscht ein großer Wasserfal. Nach sechzehn, siebzehn Jahren, da lallt das Kind nicht mehr. Da ist's 'ne ranke Jungfer, die trällert froh umher. Und am Ende von dem Tal rauscht ein großer Wasserfal. Ein Förster wollt' sie freien, der ihr die Liebe bot. Ein Wilddieb kam gegangen und schoss den Förster tot. Und am Ende von dem Tal rauscht ein großer Wasserfal. Der Wilddieb, schön und heftig, nahm sie in seinen Arm. Da endigte sein Leben ein Schuss von dem Gendarm. Und am Ende von dem Tal rauscht ein großer Wasserfal. Sie glaubt', mit dem Gendarme war sie aus allem Leid. Doch in einem Gemenge schlug ihn ein Räuber breit. Und am Ende von dem Tal rauscht ein großer Wasserfal. Der Räuber nahm sie mit sich auf seine Lagerstatt. Da stahl sie ihm das Messer und dolcht' ihn, bis er matt. Und am Ende von dem Tal rauscht ein großer Wasserfal. Nun sitzt sie bei der Mühle und weint in sich hinein. Wie kann nach so viel Liebe man so alleine sein. Und am Ende von dem Tal rauscht ein großer Wasserfal. Und am Ende ... Der Gatte ging - der Buhle kam oder Lindas Tränen »15« Ihr zarten Herzen, hört ein Trauerlied, wenn mir dabei nicht Stimm' und Atem flieht. Ein Lied von all dem Kummer, Gram und Schmerz, der traf der ungetreuen Linda Herz. Fort ging der Gatte, und der Buhle kam. Sie öffnet ihm, er in den Arm sie nahm. Da kommt zurück, kommt schneller als er soll, der eigne Mann. Er tritt herein wie toll. Er zieht den Dolch, und sonder Wort und Scherz stößt er ihn in des bösen Buhlen Herz. Er starb, der feige Buhle, und sein Blut ward noch geehrt mit Lindas Tränenflut. Doch jedermann nennt ihn mit Schand und Graus. Und damit ist auch die Romanze aus.