: Erwin Riess
: Herr Groll und die Donaupiraten
: Otto Müller Verlag
: 9783701362721
: 1
: CHF 16.90
:
: Erzählende Literatur
: German
: 320
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Auf der Donau bei Novisad kollidieren im Morgennebel zwei Schiffe: eine Motorjacht namens Argo, erbaut und gesteuert von ehemaligen Werftarbeitern aus Korneuburg bei Wien und ein unbeleuchteter, antriebsloser Kohlefrachter. Donaupiraten klettern aus dem Frachtraum und kapern die Jacht, die nun stromaufwärts in Fahrt gebracht wird. Zur selben Zeit sind in den östlichen Donaustaaten behinderte Menschen und Flüchtlinge vielfältiger Gewalt ausgesetzt. Die Betroffenen wehren sich, Flüchtlingsquartiere und Behindertenheime gehen in Flammen auf, das Betreuungspersonal wird davongejagt oder umgebracht. Die Regierungen versuchen, den sich rasch ausbreitenden sozialen Flächenbrand totzuschweigen. Als die Kunde vom Aufstand ins Ausland dringt, rücken Armee, Polizei und Bürgerwehren aus. Der Privatermittler und Rollstuhlfahrer Groll stößt auf eine als Zirkus auftretende Gruppe behinderter Menschen. Er versucht, ihre Flucht aus Europa zu organisieren und findet sich als gejagter Krimineller wieder. Die Gruppe wird auf der ungarischen Donau verfolgt und findet schließlich im 'Stieglerhaus' in der Weststeiermark Unterschlupf. Dort kommt es zur entscheidenden Schlacht. Grolls langjähriger Freund, der 'Dozent', wird vom Strudel der Ereignisse ebenso mitgerissen wie der pensionierte Interpol-Offizier Alphonse Ledwinka. Ein Roman, der politische und gesellschaftliche Entwicklungen verdichtet und erschreckende Dinge über das gegenwärtige Europa erzählt.

Riess, Erwin Angaben zur Person: Erwin Riess, geboren 1957 in Wien, aufgewachsen in Krems/Donau. Schreibt Theaterstücke, erzählende (Geschichten vom Herrn Groll) und essayistische Prosa in Zeitungen und Zeitschriften in Deutschland und Österreich. Er lebt in Wien-Floridsdorf und Pörtschach-Pritschitz.

1. Kapitel


Das Ende einer Ehe, sehr pragmatisch.
Abschied von New York. Eine Rebellion
in Ungarn und ein Rettungseinsatz in Kroatien

Nachdem ich aus unserem Haus nahe des Union Square in Manhattan ausgezogen war, quartierte ich mich bei meinem Freund Henryk in Hackensack, New Jersey, ein, er betreibt dort eine Reparaturwerkstatt für historische Ford Mustangs. Warum ich gegangen bin? Meine Frau hatte sich einem anderen zugewandt. Einem Psychiater vom Mount Sinai Hospital, ein Beau mit Gamaschenschuhen. Er konnte wunderbar kochen und singen. Am besten gelangen ihm Linguine al limone und Songs von Dean Martin.

Ich war ihm nicht böse, wir beide vertrugen uns gut. Er hatte eine Familie mit vier Kindern und war in seine wunderschöne Frau, eine Architektin, nach zwanzig Ehejahren verliebt wie am ersten Tag. Aber er liebte auch meine Gianna mit Leidenschaft. Ich bestärkte ihn in seiner Liebe und traf mich einige Male mit seiner Frau Cory – sie war keine füllige italienische Mama wie meine Gianna, sondern eine gertenschlanke Indianerin. Immer wieder wurde sie mit der Rocksängerin Patti Smith verwechselt, und tatsächlich war sie Mitglied einer Band von fünf Frauen, die großartigen Hardrock spielte, wobei sie sang und das Schlagzeug bearbeitete. Ich war mit Cory ein paar Mal im Bett und machte die Erfahrung, daß Taktgefühl auch eine Lebenshaltung sein kann. Meine Verliebtheit wurde dadurch nicht kleiner. Als ich ernsthaft darüber nachdachte, eine feste Liaison mit Cory einzugehen und meiner Frau einen Partnertausch zumindest auf Zeit vorzuschlagen, kam Gianna, die in allen wesentlichen Fragen des Lebens klüger ist als ich, während ich in den unwesentlichen brilliere, mir zuvor: Ob ich etwas dagegen hätte, wenn Dean hin und wieder in unserem Haus übernachte. Sie würde dann zu ihm hinaufgehen, beim Frühstück sähen wir uns mit den Kindern in der Küche wieder. Ich könne es aber mit Cory ebenso halten und bei ihr schlafen; sie habe nichts dagegen. Das Einvernehmen mit ihr sei bestens, sie träfen sich auch immer wieder, um die Sache einer Feinabstimmung zu unterziehen. Nicht einmal eine Liebschaf