1. KAPITEL
„Was um alles in der Welt soll ich damit anfangen?“
Flynn McGannon hatte gerade den Telefonhörer aufgelegt, als die junge Frau empört in sein Büro stürmte. „Was?“, fragte er zurück.
„Sie wissen genau, was ich meine.“ Sie warf eine Akte auf seinen Schreibtisch. „Wie soll ich Ihre Buchführung ordentlich machen, wenn Sie so mit den Belegen umgehen? Das ist verantwortungslos! Man sollte Sie feuern.“
Flynn gönnte der Akte keinen Blick. Sein Interesse galt umso mehr seiner Buchhalterin Molly Weston. Er sah sie amüsiert an. „Wäre es nicht etwas kompliziert, mich zu feuern? Schließlich gehört diese Firma mir – und Sie sind meine Angestellte.“
„Noch. Sie werden bald gar nichts mehr besitzen, wenn Sie nicht ordentlich Buch führen. Das Finanzamt kennt kein Mitleid. Ich weiß, dass Sie Zahlen nicht leiden können, aber das hier ist völlig unmöglich. Glauben Sie wirklich, diese losen Blätter hätten etwas mit korrekter Buchführung zu tun?“
Genau dies hatte Flynn geglaubt. Solange er keinen Pfennig besaß, hatte er auch keine Buchhalterin benötigt. Dass seine Computerprogramme ihn in kürzester Zeit reich machen würden, war nicht vorgesehen gewesen. Seine Arbeit machte ihm Spaß, war pures Vergnügen – sonst hätte er es gelassen. Der Geldsegen, der mit der Arbeit kam, war ein Betriebsunfall.
Die drei Buchhalter vor Molly Weston hatten sich auch als Betriebsunfälle entpuppt. Zwei Männer, danach eine Frau. Steife, humorlose Wesen in Nadelstreifen. Alle drei hatten den Job entnervt gekündigt.
Vor sechs Monaten hatte Molly Weston bei ihm angefangen. Adrett, schüchtern und über alle Maßen ordentlich.
Ihre Schüchternheit hatte sie überwunden, und Flynn selbst trug die Schuld daran.
Sie deutete auf ein Blatt mit Zahlenkolonnen. Molly liebte ihren Job. „Das soll eine Auflistung Ihrer Ausgaben sein? Dann sagen Sie mir doch bitte, was diese achthundert Dollar für ein Mittagessen bedeuten sollen“, fauchte sie ihn an.
„Es war gar nicht für ein Mittagessen“, gab er zu. „So viel hat der neue ergonomische Schreibtischsessel für Ralph gekostet. Er braucht ihn wegen seines verletzten Knies. Das Dumme ist nur, dass ich die Quittung verlegt habe. So etwas macht Sie wütend, und deshalb dachte ich, es wäre einfacher, wenn …“
„Denken kann man das nicht nennen“, gab sie kopfschüttelnd zurück und begann, ihm seine Verfehlungen aufzuzählen.
Da Flynn das meiste davon bereits kannte, legte er gemütlich die Füße auf den Schreibtisch und beobachtete Molly. Aufgebracht schritt sie im Büro auf und ab.
Anfangs war Molly über die Büros in diesem Unternehmen entsetzt gewesen. Besonders grauenvoll fand sie Flynns Arbeitszimmer, mit dem roten Plüschteppich, den Teakholzschränken und der Schreibtischplatte aus blauem Stein. Dazu kam die persönliche Note, die in einem Basketballkorb über der Tür bestand.
Molly hielt nicht viel von einer solchen Einrichtung. Auch Flynns äußeres Erscheinungsbild erregte ihre Kritik. Normalerweise trug er Uraltjeans, dazu Mokassins. Sie fragte sich, weshalb die fünf Mitarbeiter überhaupt angezogen im Büro erscheinen mussten. Zwar kamen Kunden aus der ganzen Welt, aber in der Regel meldeten sie sich vorher an.
Die ganze Büromannschaft bestand aus kreativen Verrückten, die vor ihren Computertastaturen saßen und annähernd Tag und Nacht arbeiteten. Flynn kümmerte sich weder um den Lebensstil noch um die Kleidung seiner Angestellten, solange sie gute Arbeit machten.
Molly dagegen bevorzugte einen eher formellen Kleidungsstil. Sie mochte Kostüme – marineblau, schwarz oder anthrazit. Wenn sie kühn war, wählte sie auch mal ein Fischgrätenmuster. Heute trug sie einen marineblauen Rock, passende Pumps und eine gestärkte weiße Bluse, die am Hals mit einer Brosche geschlossen wurde. Das braungoldene Haar fiel in einem akkuraten Pagenschnitt bis fast auf die Schultern. Ihre Augen waren ebenfalls braun – schokoladenbraun. Sie blickten sanft und verrieten Mollys Verletzbarkeit. Auch das zarte, ovale