1. KAPITEL
Einige ihrer Freundinnen verfassten Listen mit wilden und verwegenen Dingen, die sie in diesem Leben noch tun wollten. Erin Sinclair hielt es genau umgekehrt: Sie hatte eine Liste von Dingen, die sie garantiertnicht tun wollte – und dazu gehörte ganz eindeutig der Ritt auf einem mechanischen Bullen in einem Saloon in Texas. Das beinlose, mit Leder behängte Monstrum machte ihr einfach nur Angst, wenn es sich so unberechenbar auf und ab bewegte, sodass nur die erfahrensten Reiter sich oben hielten.
Erin saß an der Bar des Dark Horse Saloons am Stadtrand von Royal und nippte an ihrem zweiten Cadillac Margarita. Der Bulle schien sie förmlich zu hypnotisieren. Niemals würde sie sich auf ein solches Biest setzen. Risiken waren nicht ihre Sache.
Sie hatte sich von der Gruppe Frauen getrennt, mit der sie gekommen war. Es waren sechs Ladys aus dem Texas Cattleman’s Club, mit denen Erin sich seit ihrer Ankunft im vergangenen Monat angefreundet hatte und die sie zu einer Geburtstagsfeier in den Saloon eingeladen hatten.
Die Party war längst vorbei, und die Frauen waren wieder zu Hause bei ihren Ehemännern oder Partnern. Erin hatte weder das eine noch das andere.
Es war November. Anfang des neuen Jahres würde sie wieder nach Seattle zurückkehren. Sie hatte hier in Texas absolut gar nichts erlebt, was man auch nur ansatzweise alswild oderverwegen bezeichnen konnte.
„Noch einen Margarita, Blondie?“, fragte der Barkeeper mit einem Blick auf ihr fast leeres Glas. „Oder haben Sie genug gehabt?“
Der Zweifel in seinem Ton weckte ihren Widerspruch. „Ich habe ganz und gar nicht genug“, versicherte sie ihm. „Noch einen.“ Sie schenkte ihm ein süßes Lächeln. „Danke.“
Kopfschüttelnd wandte sich der Barkeeper ab, und Erin konzentrierte sich wieder auf den Bullen, der sie irgendwie magisch anzuziehen schien. Verlor sie den Verstand, oder sah der verdammte Bulle sie tatsächlich an und forderte sie mit seinen absurden künstlichen Hörnern heraus?
Sie hatte gerade den letzten Tropfen ihres Margaritas auf den Lippen, als sie einen großen, gut aussehenden Mann bemerkte. Er mochte gut einen Meter achtzig groß sein. Der muskulöse Körper steckte in einer Cowboykluft, inklusive passender Stiefel und Stetson. Auf seinen breiten Schultern hätte er das Metallbiest problemlos nach draußen tragen können.
Wo sie schon bei der Liste der Dinge war, die sie nie tun wollte – ein Texaner stand zwar nicht darauf, aber bisher hatte sie auch noch mit keinem etwas gehabt. Sie kicherte. Traurige Tatsache war, dass es von fünfzig noch achtundvierzig weitere Staaten der USA gab, mit deren Männern sie bisher nichts gehabt hatte. Nur in ihrem Heimatstaat Washington gab es einen Ex. Rex Talbot. Ein ganz besonderes Prachtstück. Sie war froh, dass sie im Moment hier in Texas war, zumindest noch über die Feiertage. Denn Rex hatte ihren Ruf in Seattle fast ruiniert, aber daran wollte sie jetzt nicht denken. Nicht heute Abend.
Vielleicht sollte sie sich heute einen dieser attraktiven Cowboys gönnen. Vorzugsweise den ganz besonderen Leckerbissen, der gerade Blickkontakt zu ihr suchte. Es schmeichelte ihr, dass er sie aus der Menge der attraktiven Frauen auserwählt hatte.
Diese unglaublichen Augen ließen sie nicht mehr los. Sie musterte ihn ihrerseits – die markanten Züge, das perfekt geformte Kinn und die türkisblauen Augen. Er weckte ihr Verlangen und brachte ihr Herz zum Stolpern. Der stumme Austausch zwischen ihnen hatte etwas Prickelndes. Explosives.
Vielleicht sollte sie doch keinen weiteren Margarita mehr trinken. Sie stand im Moment irgendwie neben sich. Sie drehte sich zum Barkeeper herum, um ihm zu sagen, dass sie den bestellten Drink nicht mehr brauchte. Sie hatte wirklich genug gehabt.
Als sie sich umwandte, um den Blickkontakt zu dem attraktiven Cowboy wieder aufzunehmen, war er verschwunden. Sie sah sich nach ihm um, aber vergebens. Sie hatte ihn in der Menge verloren. Vielleicht hatte er sich gelangweilt und den Saloon verlassen.
Erin war enttäuscht. So etwas passierte ihr ständig.
So viel also zu ihrer Absicht, einmal ei