: Markus Till
: Zeit des Umbruchs Wenn Christen ihre evangelikale Heimat verlassen
: SCM R.Brockhaus im SCM-Verlag
: 9783417229462
: 1
: CHF 12.40
:
: Religion/Theologie
: German
: 240
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Wie Kirche sich ändern muss, wenn Christen ihre evangelikale Heimat verlassen! Die 'Worthaus'-Mediathek, Torsten Hebels 'Freischwimmer' oder der Audio-Podcast 'Hossa Talk' haben für viel Gesprächsstoff unter Christen gesorgt. Die Akteure stellen starke Anfragen an die klassisch evangelikal geprägte Kirche und Gemeinde - von manchen werden sie daher als 'postevangelikal' bezeichnet. Markus Till, ein konservativ-evangelikaler Christ aus Überzeugung, leidet unter dieser Spannung und möchte Verständnis füreinander entwickeln. Insbesondere stellt er Fragen wie: 'Worüber wird eigentlich im Kern gestritten?', 'Kann man nicht trotz aller Differenzen gemeinsam den Glauben leben?' und 'Wie sehen Schritte aus der Krise aus?'

Dr. Markus Till (Jahrgang 1970) ist verheiratet, hat zwei erwachsene Kinder und wohnt in Weil im SChönbuch. Er hat Biologie studiert und arbeitet beim Universitätsklinikum Tübingen. Bekannt wurde er durch seine Lobpreislieder, durch den Glaubenskurs 'Aufatmen in Gottes Gegenwart' sowie den gleichnamigen Blog (www.blog.aigg.de).

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1. EIN RISS DURCH DIE EVANGELIKALE BEWEGUNG?


1, 2 oder 3 – du musst dich entscheiden … Springt in Ihrem Kopf auch eine Melodie an bei diesen Worten? Dann gehören Sie zu der Generation, die so wie ich vom beliebten TV-Kinderquiz mit Michael Schanze begeistert war. Die Eröffnungsmusik war ein Ohrwurm. Und sie erinnert mich an eine Zeit, in der es noch übersichtlich zuging in unserem Land. Im Fernsehen gab es ganze drei Sender: ARD, ZDF und eines der regionalen dritten Programme. Und bei den Wahlen gab es im Wesentlichen drei Parteien zur Auswahl: Die konservative CDU, die SPD als die Arbeiterpartei und dazu die unternehmerfreundlichen »Liberalen«. Wie überschaubar die Welt damals doch noch war!

Über Jahrzehnte konnte man auch die evangelische christliche Welt in Deutschland im Wesentlichen in drei Blöcke aufteilen:

Die sogenannten Liberalen (mehr zu diesem Begriff in Kapitel vier), die insgesamt der universitären Theologie folgten.

Die theologisch konservativen Strömungen (Pietisten und weitere konservative Bewegungen in den Landeskirchen, Baptisten, Brüdergemeinden und andere Freikirchen), die oft als Bibeltreue bezeichnet wurden.

Die Pfingstkirchen und Charismatiker, ebenfalls Bibeltreue, die aber sehr konkret mit dem übernatürlichen Wirken des Heiligen Geistes rechneten.

Seit den Siebzigerjahren des 20. Jahrhunderts vermischten sich die theologisch konservativen Strömungen immer mehr. Sie hatten zunehmend ein gemeinsames Liedgut, gemeinsame Veranstaltungen, gemeinsame Verlage und Medien, gemeinsame Praktiken und weitgehend eine gemeinsame Theologie und verschmolzen miteinander zu den »Evangelikalen«. Nach und nach kamen in den letzten Jahren auch die Pfingstkirchen und Charismatiker dazu, sodass mittlerweile die konservativen und charismatischen Strömungen gemeinsam als Evangelikale bezeichnet werden. So wird der Begriff auch in diesem Buch verwendet.

Verantwortlich für die Teilung zwischen den Liberalen und den Evangelikalen war vor allem die liberale Theologie, die durch Theologen wie Friedrich Schleiermacher, Ernst Troeltsch oder Adolf von Harnack großen Einfluss an den universitären theologischen Fakultäten erlangte. Sie begünstigten die Verbreitung theologischer Thesen, die mit bibeltreuen Standpunkten absolut unvereinbar waren: Jesus ist nicht körperlich auferstanden. Die Wunder sind nicht wirklich geschehen. An die Stelle von persönlicher Erlösung von Sündenschuld traten Themen wie die Befreiung von sozialen Missständen oder der Kampf für Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung. Alle diese Themen sind mir auch bei meiner Beschäftigung mit Postevangelikalen begegnet. Davon möchte ich auf den folgenden Seiten berichten.

Blitzlichter aus der postevangelikalen Welt


Ich möchte zuerst etwas vorausschicken, bevor ich meine Eindrücke aus meinen ersten Begegnungen mit der postevangelikalen Bewegung schildere: Meine Eindrücke sind natürlich subjektiv! Sie sind gefärbt von den Empfindungen eines Evangelikalen, der sich aus seiner evangelikalen Blase herausbegibt. Sie liefern also keine objektive Langzeitbeobachtung der postevangelikalen Bewegung, sondern subjektiv ausgewählte Blitzlichter von Begebenheiten, die mir durch meine evangelikale