Kapitel 1
Das Mädchen hatte die Arme verschränkt und starrte mit zusammengezogenen Augenbrauen vor sich hin. Es verzog keine Miene, lächelte nicht und sah auch nicht auf, egal wer es ansprach. Die Eltern des Mädchens wirkten angesichts seines versteinerten Gesichts hilflos, zuckten die Schultern und murmelten Entschuldigungen, während sie von vielen freundlichen Menschen begrüßt oder umarmt wurden.
„Wer is ’n das?“, fragte Jojo und legte neugierig den Kopf schief. Er hatte noch nie jemanden im Rollstuhl gesehen – na ja, jedenfalls nicht aus der Nähe.
„Oh Mann, das ist ja Lena!“, rief Hannes. „Die hatte vor ein paar Monaten einen schlimmen Unfall. Ein Laster hat sie vom Fahrrad geholt und jetzt kann sie nicht mehr laufen.“
Die Jungen schoben sich zwischen den anderen Gottesdienstbesuchern hindurch und setzten sich in die erste Reihe. Als Tom an dem Mädchen vorbeikam, sah es ihn ganz kurz an, bevor es wieder vor sich hinstarrte. Tom schluckte. Er konnte sich noch sehr gut daran erinnern, wie entsetzlich verloren und hilflos er sich gefühlt hatte, als er blind gewesen war. Dem Mädchen ging es bestimmt ähnlich. Bei ihm war es in einem Spiel passiert und hatte nur einige Stunden gedauert. Dieses Mädchen würde wohl den Rest seines Lebens im Rollstuhl verbringen. Nachdenklich setzte er sich neben seinen Bruder Jojo. Hannes rammte ihm sofort seinen Ellenbogen in die Seite.
„He, was ist los? Was guckst du so trübe?“
Tom zuckte die Schultern und schüttelte sich, als könne er damit den Gedanken an das fremde Mädchen vertreiben. Andere Kinder gesellten sich zu ihnen. Sie saßen gern vorn, da, wo die Erwachsenen nicht hinwollten. Wenn dann der Kindergo