: Tonio Schachinger
: Nicht wie ihr Roman
: Verlag Kremayr& Scheriau
: 9783218011907
: 1
: CHF 11.60
:
: Erzählende Literatur
: German
: 304
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ivo wusste immer schon, dass er besonders ist. Besonders cool, besonders talentiert, besonders attraktiv. Alle wussten es, seine Familie, seine Jugendtrainer, seine Freunde im Käfig. Jetzt ist er einer der bestbezahlten Fußballer der Welt. Er verdient 100.000 Euro in der Woche, fährt einen Bugatti, hat eine Ehefrau und zwei Kinder, die er über alles liebt. Doch als seine Jugendliebe Mirna ins Spiel kommt, gerät das sichere Gerüst ins Wanken. Wie koordiniert man eine Affäre, wenn man eigentlich keine Freizeit hat? Lässt Ivos Leistung auf dem Spielfeld nach? Und was macht eigentlich seine Frau, während er nicht da ist? Einmal in Ivos Gedankenwelt eingetaucht, lässt sich Tonio Schachingers Debütroman schwer aus der Hand legen. Es ist nämlich dieser rotzige, witzige und originelle Ton des Erzählers, der vom ersten Satz an fesselt. Gespickt mit Wiener Milieusprache und herrlichen Fußballmetaphern gibt der Roman Einblick in das Schauspiel des Profisports und entlarvt seine Spieler als Schachfiguren auf einem kapitalistischen Spielfeld. 'Als Ivo jung war, gab es nur einen Ort: ihn selbst. Alles andere, der Fußball, Brügge, London, Hamburg, die Clubs, Autos und Restaurants, waren nur Kulissen, die hinter ihm vorbeigetragen wurden, aber er war der Mittelpunkt, die Sonne, um die sich alles dreht.'

Tonio Schachinger, geboren 1992 in New Delhi, aufgewachsen in Nicaragua und Wien, studiert Germanistik an der Universität Wien und Sprachkunst an der Universität für Angewandte Kunst Wien. 'Nicht wie ihr' ist sein erster Roman.

10


Seit Ivo am rechten Flügel spielt, muss er keine Tore schießen. Es ist gut, wenn er welche schießt, aber sie sind nicht mehr Teil seiner Identität wie früher. Er muss sich vorbeidribbeln, key passes spielen, Flanken schlagen. Sein Spiel ist nicht »Ich gegen den Torhüter« oder »Ich gegen die Welt«, sondern »Ich gegen dich«, 1 gegen 1, immer wieder, bis niemand mehr übrig ist und der Ball im Netz liegt. Und gerade, weil er nicht muss, weder Tore schießen noch das Gerede anhören von wegen »Er hat den Torriecher nicht« und »Er ist kein Knipser«, dieses dumme Gerede, das sich selbst erfüllt, indem es auf den Charakter des Spielers übergeht statt ihn zu beschreiben, gerade dashalb hat er in der letzten Saison so viele Tore geschossen wie schon lange nicht mehr. So wollen das die Leute halt. Sie wollen, dass der Mensch und der Fußballspieler zusammenpassen, obwohl das fast immer erfundener Scheißdreck ist. Sie wollen Freaks, wie Lewandowski, Müller, Higuaín und Ibrahimović, um sich Erklärungen zurechtzulegen, warum die immer treffen. Bei Müller ist es so eine Art Bauerndummheit, ein Nicht-darüber-Nachdenken, bei Lewandowski eine glatte, emotionslose Professionalität, bei Higuaín ist es dieses Latino-Klischee eines Typen, der sich gehen lässt, dauernd ur viel fickt und nur an den Tagen vor den Matches damit aufhört, damit sich seine Energie so aufstaut, dass er praktisch treffen muss, um sich zu entladen, was natürlich beides nicht stimmt. Ibrahimović chillt inzwischen mit seiner zehn Jahre älteren Frau, spielt mit seinen Töchtern Verstecken oder macht Taekwondo und ist bei allem der Beste.

Und wenn die sogenannten Stürmer nicht treffen, nennt man es Ladehemmung und bezieht es auf beides, auf das Toreschießen und auf sie als Menschen.Er hat die Nerven nicht. Er ist nicht abgebrüht genug. Ivo denkt über den Tag verteilt mehrmals darüber nach, wie schwa