Seit Ivo am rechten Flügel spielt, muss er keine Tore schießen. Es ist gut, wenn er welche schießt, aber sie sind nicht mehr Teil seiner Identität wie früher. Er muss sich vorbeidribbeln, key passes spielen, Flanken schlagen. Sein Spiel ist nicht »Ich gegen den Torhüter« oder »Ich gegen die Welt«, sondern »Ich gegen dich«, 1 gegen 1, immer wieder, bis niemand mehr übrig ist und der Ball im Netz liegt. Und gerade, weil er nicht muss, weder Tore schießen noch das Gerede anhören von wegen »Er hat den Torriecher nicht« und »Er ist kein Knipser«, dieses dumme Gerede, das sich selbst erfüllt, indem es auf den Charakter des Spielers übergeht statt ihn zu beschreiben, gerade dashalb hat er in der letzten Saison so viele Tore geschossen wie schon lange nicht mehr. So wollen das die Leute halt. Sie wollen, dass der Mensch und der Fußballspieler zusammenpassen, obwohl das fast immer erfundener Scheißdreck ist. Sie wollen Freaks, wie Lewandowski, Müller, Higuaín und Ibrahimović, um sich Erklärungen zurechtzulegen, warum die immer treffen. Bei Müller ist es so eine Art Bauerndummheit, ein Nicht-darüber-Nachdenken, bei Lewandowski eine glatte, emotionslose Professionalität, bei Higuaín ist es dieses Latino-Klischee eines Typen, der sich gehen lässt, dauernd ur viel fickt und nur an den Tagen vor den Matches damit aufhört, damit sich seine Energie so aufstaut, dass er praktisch treffen muss, um sich zu entladen, was natürlich beides nicht stimmt. Ibrahimović chillt inzwischen mit seiner zehn Jahre älteren Frau, spielt mit seinen Töchtern Verstecken oder macht Taekwondo und ist bei allem der Beste.
Und wenn die sogenannten Stürmer nicht treffen, nennt man es Ladehemmung und bezieht es auf beides, auf das Toreschießen und auf sie als Menschen.Er hat die Nerven nicht. Er ist nicht abgebrüht genug. Ivo denkt über den Tag verteilt mehrmals darüber nach, wie schwa