2005 Grizzly Marathon: Skurrile Wild-West Show
Montana, irgendwo zwischen dem Glacier und dem Yellowstone Nationalpark liegt unterhalb der Rocky Mountains Front die Kleinstadt Choteau, benannt nach Jean Pierre Chouteau aus St. Louis, der schon als 15-Jähriger regen Pelzhandel mit den Indianern und hier seine nördlichste Pelzstation betrieb. Büffel gibt es nicht mehr, aber Grizzlybären.
Die City Hall ist gleichzeitig das Rathaus und jeden ersten und dritten Dienstag im Monat geöffnet. Dort ist die Startnummernausgabe. 227 Läufer sind gemeldet, das nutzen die Einheimischen um Stickereien, Taschen aus Stachelschweinborsten und eingekochte Marmelade zu verkaufen. Die kleine Deutschlandfahne auf meinem Hemd wirft die Frage auf, ob ich aus Kansas sei.
Mich treibt eher die Frage um, ob ich denn am Startplatz übernachten kann oder ob man dort von Grizzlybären verspeist wird, denn bei meinem letzten Trainingslauf wurde ich von Polizeistreifen von der Straße gezogen, laufen sei verboten, das würde den Jagdinstinkt der Bären wecken. „Well, the course will be well-monitored for runner‘s safety” sagt man mir, was ich so verstehe, dass hinter jedem Bären ein Ranger mit Knarre läuft.
70 Kilometer oberhalb von Choteau, am Fuße der Rockies ist der Startort mit einer USA-Flagge und sieben mobilen Klohäuschen gekennzeichnet. Ich parke mein Wohnmobil zehn Meter von der Startlinie entfernt, aber in geruchssichererem Abstand zu den Facilities. Bei Karl May gab es immer Bärentatze, ich packe drei T-Bone-Steaks auf den Grill.
Auf der steinigen Wiese zelten zwei Läufer. Matthew und Zac kommen gerade aus dem Irakkrieg zurück, sprühen vor Kraft und Patriotismus. Sie sehen aus wie Bodybuilder, die gerade aus dem Säurebad kommen.
Warum Deutschland nicht zur coalition of the willing gehören würde? Ich antworte, dass Chancellor Schröder sie doch unterstützen würde, und ich einen Kühlschrank mit eiskaltem Bier hätte. Prompt demonstriere ich meine Kampfbereitschaft mit der Öffnung meiner fünften Bierdose, während die beiden Jungs sich für den morgigen Wettkampf mit Liegestützen und Klimmzügen am Startbogen warm machen.
Die Glutsonne geht alsbald hinter den Rocky Mountains unter, es wird empfindlich kalt. Die tapferen Irakkrieger verschwinden in ihr warmes Zelt. Genieße ich halt alleine den Blick über die sanft abfallende Prärie, die in rotgoldenen Farben glüht. Die wellige Prärie hier ist nicht mit kurzem Gras bewachsen, hier wächst die Rutenhirse, Sorte Heavy Metal, und die ist schon mal einen Meter hoch und Lieblingsspeise der Büffel. Wo das Land flacher wird, dort wo die endlosen Weizenfelder sind, dort erahne ich den Missouri, auf dem Lewis und Clark 1805 hinauffuhren und das Land kartographierten.
Um drei Uhr morgens wird es laut, als wäre jetzt auch in Montana Krieg. Grelle Scheinwerfer erhellen das Startgebiet. Männern mit roten und grünen Laserschwertern fuchteln in der Luft herum, als wolle ein F-16-Geschwader vor meinem Wohnmobil landen. Doch die Männer in leuchtenden Westen weisen nur dicke Allradautos an sich korrekt an meinem Fahrzeug auszurichten.
Da jeder Läufer von drei bis vier Wagen mit Freunden und Familienmitgliedern begleitet wird, gleicht diese Szene tatsächlich der Ankunft eines überfälligen Kampfgeschwaders auf einem Flugzeugträger. Vor den Klohäuschen bilden sich meterlange Warteschlangen und eine ungewöhnlich große Anzahl kläffender Kleinstköter kackt vor die Wohnzimmertür meines Recreation Vehicles. Im Zelt der Irakkämpfer jedoch bleibt es ruhig, die sind so einen Auflauf wohl gewohnt.
Um 6:25 Uhr begebe ich mich mit einer